Meinung

Stadtmarketing

Aus für Landshuter Krippenweg passt ins Bild


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In diesem Jahr wird es keinen Landshuter Krippenweg unter Organisation der Stadt geben.

Von Uli Karg

Im Oktober vergangenen Jahres hat Xaver Grüneis die goldene Bürgermedaille der Stadt Landshut erhalten. Ausgezeichnet wurde er für seine Verdienste um den Landshuter Krippenweg, der, so formulierte es Oberbürgermeister Alexander Putz in seiner Laudatio, ein "wichtiger Teil der religiösen Bildung" sei. Grüneis bezeichnete er als "kulturellen Botschafter unserer Stadt".

Ein Jahr später hat sich eben jene Stadt aus der Organisation des Landshuter Krippenwegs zurückgezogen. Für Weihnachtsatmosphäre in der "Adventsstadt Landshut" sei auch durch die XXL-Adventskugel und einen animierten Adventskalender an der Rathausfassade gesorgt, lässt der Tourismusleiter wissen. Xaver Grüneis geht derweil davon aus, so sagte er es gegenüber unserer Zeitung, dass der Krippenweg gestorben ist.

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Soweit, so traurig. Dass der Respekt der Stadt gegenüber ihrem kulturellen Botschafter und einem wichtigen Teil der religiösen Bildung hierbei auf ein saisonales Lippenbekenntnis zusammenschrumpft, ist die eine Sache. Dass das Ganze prächtig ins Bild effektheischender Vermarktungsversuche passt, die andere.

Dabei ist die Causa Krippenweg nicht die erste, die den ein oder anderen Zartbesaiteten zusammenzucken lässt. Erste Seufzer waren zu hören, als Landshut Kulisse für einen Red-Bull-Film wurde. Wobei man sich mittlerweile in der Stadt darauf geeinigt zu haben scheint, dass es alles in allem dann doch eine tolle Sache ist, dass weltweit fast 100 Millionen Menschen via Web und TV gesehen haben, wie sich tollkühne Männer in Red-Bull-Anzügen aus Red-Bull-Fliegern zum Zwecke des Urban Skydiving in Landshuts Altstadt hinab stürzten. Für Hartgesottenere gab es in Folge im Foyer des Koenigmuseums zu Partyzwecken eine Red-Bull-Bar - "Verleiht Flügel!" also ausgerechnet dort, wo Fritz Koenigs "Großer Ikarus" steht. Die Rennsimulatoren des Eishockeystadionsponsors, die samt mannshohem Logo ums Eck standen, fielen da kaum noch ins Gewicht.

In Schockstarre wiederum befinden sich seit Kurzem die Förderer, nachdem sie erfahren mussten, dass das Stadtmarketing plant, einen Influencer namens "Steinwallen" Werbung für die Landshuter Hochzeit machen zu lassen. Auf der, wer kennt sie nicht, Plattform Twitch.

Zumindest in Sachen Krippenweg schwappte die öffentliche Empörung in den sozialen Netzwerken nun auf ein überdurchschnittliches Niveau. Selbst eine Kunsteislaufbahn am neuen Riesenrad-Christkindlmarkt, at home an der neuen Event-Location Ringelstecherwiese mag da über die Preisgabe dessen, was als Tradition empfunden wird, nicht hinwegtäuschen.

Genau jene Taue zu Tradition und Brauchtum, zu Identität und den Dingen mit zwar leiser, doch nicht minder großer Bedeutung scheinen jedoch mehr oder minder achselzuckend gekappt zu werden, um Landshuts neuen Marketing-Ballon zum Fliegen zu bringen.

Mal sehen, wie weit er trägt, der Ballon. Heiße Luft jedenfalls wäre genügend da.