Kunst auf Plakaten

Künstlerin Gretta Louw plakatiert ihre Gedanken über den öffentlichen Raum


Eine schöne Illusion: Aber ein geparktes Auto wird halt doch kein Baum.

Eine schöne Illusion: Aber ein geparktes Auto wird halt doch kein Baum.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Künstlerin Gretta Louw plakatiert ihre Gedanken über den öffentlichen Raum

Imagine every parked car is a tree - stell dir vor, jedes geparkte Auto ist ein Baum" steht auf eine Plakatwand im Glockenbachviertel geschrieben. Eine schöne Idee. Momentan ist jedes geparkte Auto aufgrund der erweiterten Freischankflächen eher acht Bier. Corona hat jedenfalls noch deutlicher gemacht, dass der öffentliche Raum zu knapp ist, um die Bedürfnisse aller Bürger zu berücksichtigen.

Das hat auch die in München lebende Künstlerin Gretta Louw (geboren 1981) beobachtet. Die Planungen für ihr Projekt im öffentlichen Raum, das sie in Kooperation mit dem Kulturreferat erarbeitete, fielen genau in die Zeit des Lockdown. Das Konzept unter dem Titel "The Commons" hat sich dadurch zwar nicht verändert: Louw mietet zwölf Werbeflächen für zehn Tage an.

Ab heute bis 27. Juli kann man auf Litfaßsäulen und Plakatwänden zwischen Roecklplatz und Patentamt, auf denen sonst eher knallige Werbung zu sehen ist, minimalistische Sentenzen auf monochromen Farbflächen lesen, die um die Beschaffenheit des öffentlichen Raumes kreisen.

Wandelnde Konsumenten

Doch der Inhalt hat sich durch die Ausgangsbeschränkungen verschoben. Zunächst war es vor allem die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes, die Louw thematisierte: "Wir sind inzwischen mehr wandelnde Konsumenten statt ein Teil der Öffentlichkeit", erklärt sie. Noch mehr geht es jetzt allerdings um die Bedeutung knapper werdender Grünflächen und Freiräume an sich. An der Isar kann man jedes Wochenende beobachten, was das bedeutet: Es geht zu wie auf der Wiesn - nur ohne Bierzelt.

"Wer zuhause in seiner Villa mit Garten saß, merkte vom Krisenmodus wenig, doch für Familien in kleinen Wohnungen ohne Balkon wurde die Zeit schon räumlich zur Belastungsprobe", so Louw, die u.a. in Sydney Psychologie studierte. "The less private space you own, the more public space you need" ist eine Erkenntnis des Shutdown, die sie formuliert. "Dabei haben wir es in München es ja noch gut", ist ihr bewusst, aber das sollte man nicht verspielen. Denn: "When you plant public space, you harvest public health" - Wer öffentlichen Raum schafft, erntet öffentliche Gesundheit".

Ihre Botschaften schickt sie zugleich ins Internet. Sie lässt sie nicht nur auf ihrem Account, sondern auch als Werbeclips über Instagram laufen. Die Künstlerin macht sich den Algorithmus zunutze, um zugleich auf dessen Macht aufmerksam zu machen.

"Der digitale Raum wird noch mehr als der reale durch private Firmen bestimmt", so Louw. Aber auch der Anbieter von Werbeflächen in der Stadt hat quasi eine Monopol-Stellung, stellte sie im Zuge der Vorbereitungen fest. Mit "The Commons" will sie das Bewusstsein dafür schärfen, dass herrschafts- und kommerzfreie Freiräume einer demokratischen Öffentlichkeit mehr denn je bedroht sind.

Bis 27. Juli, Standorte unter www.publicartmunich.de; Instagram @TheCommonsMUC