Kammeroper München in Schloss Nymphenburg

"Das Gespenst von Canterville" im Hubertussaal


Das "Gespenst von Canterville" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

Das "Gespenst von Canterville" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

"Das Gespenst von Canterville" in der Fassung von Dominik Wilgenbus

Gegen die Blutflecken hilft "Mr. Saubermanns Super-Fleck-weg", gegen rasselnde Ketten "Anti-Rost-Öl", und wenn das Gespenst gar zu schaurig stöhnt, hat man auch da ein Mittel im Angebot. Es ist lustig anzusehen und anzuhören, wie fröhlich pragmatisch die amerikanische Familie den Spuk des altenglischen Gespenstes von Canterville, einer Erfindung von Oscar Wilde, stets als lösbares Problem angreift.

Der Librettist und Regisseur Dominik Wilgenbus setzt in dieser Produktion der Kammeroper München auf einen musikalischen Fleckenteppich (ein "Pasticcio"): Der Geist versenkt sich in Alte Musik von John Dowland und Henry Purcell, die Vertreter der Neuen Welt, ein sehr genießbares Ensemble, aus dem die junge Sopranistin Elisabeth Freyhoff und der höhenstarke Tenor Patrik Hornák herausragen, trällern George Gershwin.

sized

Das "Gespenst von Canterville" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

sized

Das "Gespenst von Canterville" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

sized

Das "Gespenst von Canterville" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

sized

Das "Gespenst von Canterville" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

Fleckenreiniger gegen Blutlachen, Komik gegen Schrecken, Gershwins Reißer gegen Dowlands intime Lautenkunst: Das ist ein ungleicher Kampf. Und tatsächlich scheint im Nymphenburger Hubertussaal zunächst die laute Moderne, die in bunten Pyjamas und Tierpantoffeln auf der Bühne herumtrampelt, den Sieg davonzutragen (Kostüme: Uschi Haug/Bühne: Peter Engel).

Verzicht auf alle Vordergründigkeit

Doch so einfach macht es sich Wilgenbus nicht. Nach der Pause, in der man im sommerlichen Schlossgarten wandeln kann, steht der lang verblichene Sir Simon im Mittelpunkt. Thomas Lichtenecker verkörpert mit seinem schönen Countertenor, der nur leider oft zu tief eingesetzt wird, das Gespenst als die lebendigste Gestalt von allen, würdevoll, makaber, vor allem aber zutiefst traurig.

So kann die einfühlsamste der Amerikanerinnen, Flore van Meerssche als Virginia, mit ihrem betörend rein leuchtenden Soprangesang eine anrührende Beziehung zum Gespenst aufbauen, die zu seiner Erlösung führen wird. Ein weiterer Glanzpunkt des Ensembles ist die Schauspielerin Viola von der Burg, die ihre umwerfende Komik daraus zieht, dass sie die Haushälterin Mrs. Umney ernsthaft spielt: mit unterdrückt fassungsloser Mimik über die grelle neureiche Familie.

Mitreißender Gershwin

Entsprechend präzise und unter Verzicht auf alle Vordergründigkeit organisiert die Dirigentin Johanna Soller den musikalischen Zusammenprall der Kulturen. Ihre seriöse Ausbildung als Chorleiterin und Kirchenmusikerin kommt ihr zupass, weil sie die Alte Musik mit dem Flair des Authentischen ausstatten kann. Aber auch in den mitreißenden Gershwin-Melodien, etwa dem sinnvoll umtextierten Song "Swanee", holt sie das Mögliche aus dem kleinen Orchester der Kammeroper München heraus (Arrangement: Alexander Krampe).

Nur ein wenig energischer führen könnte die etwas vorsichtig agierende Frau Soller noch, wenn der Hinweis gestattet ist: Aus den stilistischen Kontrasten wäre noch viel mehr an dramatischem Feuer zu entfachen, ähnlich, wie auch die gesamte, einen Tick zu lang geratene Produktion durch einige wohlgesetzte Straffungen noch gewinnen würde.

Weitere Aufführungen im Hubertussaal in Nymphenburg vom 31. August bis zum 22. September, Karten: (089) 45 20 56 121 und unter www.kammeroper-muenchen.com