AZ-Filmkritik

"Das Beste kommt noch": Statt Sex lieber Proust auf Latein


Zwei höchst unterschiedliche Freunde: Fabrice Luchini (l.) spielt den eher drögen Arthur, Patrick Bruel den Lebemann César.

Zwei höchst unterschiedliche Freunde: Fabrice Luchini (l.) spielt den eher drögen Arthur, Patrick Bruel den Lebemann César.

Von Katharina Federl

Schwarzer Humor und kluge Dialoge: Der Film "Das Beste kommt noch" punktet mit viel Witz und einer extrem überraschenden Wendung.

Ja, es gibt ihn, diesen Film, bei dem man lacht, schmunzelt und am Ende bitterlich weint, zumindest schwer schluckt. Eine Kombination, die das Regie-Duo Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière ("Der Vorname") geschickt ausreizt.

Der dröge, seiner Ex nachtrauernde Wissenschaftler Arthur und der charismatische Frauenheld und unreife Chaot César kennen sich seit dem Internat, halten trotz aller Gegensätze zusammen. Als Arthur seinem Kumpel beim Arzt mit der eigenen Gesundheitskarte aushilft, geht die verrückte Verwechslung los. So erhält Arthur die Diagnose Lungenkrebs, die seinen Freund betrifft.

Er schafft es nicht, ihm die Nachricht schonend beizubringen und stammelt etwas Unverständliches, rettet sich immer mehr in kleine Lügen, sodass César lange glaubt, Arthur sei der Todgeweihte. Spontan zieht er bei ihm ein und will für eine erlebnisreiche Restzeit samt Liebesglück sorgen.

Film behandelt die Fragilität menschlicher Existenz

Helfen soll eine Wunschliste, für sich notiert er Sexabenteuer, während Arthur nur ungestört Proust in Latein lesen möchte. Wie die beiden sich bis zum ziemlich voraussehbaren Ende in die Wolle kriegen und unbequeme Wahrheiten an den Kopf werfen, sich wieder versöhnen und wie Schulbuben über die Stränge schlagen, das ist keine hehre Filmkunst, aber herrlich amüsant und so richtig schön sentimental. Fabrice Luchini und Patrick Bruel lassen's in dieser charmanten und streckenweise dunklen Tragikomödie krachen, ob im Nachtclub oder auf einer (überflüssigen) Reise zum Heiler nach Indien. Die beiden komplexen Charaktere punkten mit witzigen und köstlich-klugen Dialogen, feiern ihre Freundschaft.

Bruel mimt den Aufreißer ohne zu übertreiben, aber es ist Luchini, der durch seine brave Zurückhaltung, seine Neurosen und Lebensangst, seine unbeholfene Zärtlichkeit und versteckten Sehnsüchte zutiefst rührt, jede Nuance exakt ausspielt.

Die scheinbare Leichtigkeit lässt nicht das ernste Thema vergessen: die Fragilität menschlicher Existenz. Es geht darum, verpasste Träume in der Zeit die bleibt, aufzuholen. Man ist immer ganz nah an den liebenswerten Figuren und folgt ihnen herzklopfend, trotz unwahrscheinlicher Wendungen, die man hier gerne in Kauf nimmt. Burleske, Komik und Romantik, Dramatik und Tragik verbinden sich kongenial zu einem Triumph des Gefühls und einer Ode an das Leben. Carpe Diem. Und wann passiert es schon, dass wir das Kino selig lächelnd mit einem Tränchen im Auge verlassen?

R: Alexandre de la Patelliere, Matthieu Delaporte (F, 88 Min.) Kinos: City-Atelier, Mathäser Leopold, Theatiner (OV), Gloria (hier ab Sonntag).

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