Kultur

Boulevard der Dämmerung

Leslie Malton und Felix von Manteuffel in "Ein Oscar für Emily" in der Komödie im Bayerischen Hof


Felix von Manteuffel.

Felix von Manteuffel.

Von Mathias Hejny

Hamlets Monolog aus dem dritten Akt mit der Frage nach "Sein oder Nichtsein" hört man selten so kämpferisch und kraftstrotzend wie zur Zeit in der Komödie im Bayerischen Hof. Dabei ist das Haus nicht für seine Klassiker-Interpretationen bekannt und der Rezitator des grüblerischen jungen Dänen-Prinzen gehört deutlich zur Ü-70-Generation.

Aber Shakespeare ist Teil des Überlebensprogramms für den aus der Filmgeschichte gefallenen B-Schauspielpromi Henry Porter. Zu seinem Repertoire gehört auch Edward Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?", dessen wortgewaltige Ehe-Exzesse das gemeinsame Leben mit dem gleichfalls und vermutlich zu Recht in Vergessenheit geratenen Filmsternchen Emily White den Alltag im schon lange nicht mehr repräsentativen Alterssitz (Bühne: Momme Röhrbein) in Los Angeles würzen.

Leslie Malton

Leslie Malton

Seit Jahrzehnten wirft sie ihm vor, den Film mit Liz Taylor vergeigt zu haben, weil er seine Finger nicht von den Schauspiel-Elevinnen lassen konnte. Er wiederum schmiert ihr gleich zum Frühstück genüsslich aufs Brot, dass ihre meisten Szenen - "schnippschnapp!" - herausgeschnitten worden sind. Emily und Henry küssen und schlagen sich, zumindest verbal. Leslie Malton und Felix von Manteuffel sind auch im richtigen Leben ein Ehepaar, das freilich auf eine weitaus erfolgreichere Karriere auf Bühnen und vor Kameras zurückblicken kann, als Paar, das sie in "Ein Oscar für Emily" spielen.

Maltons einprägsame Physiognomie gehört zum kollektiven Bewusstsein der Fernsehnation und von Manteuffel ist langjährigen Münchner Theatergängern seit seinen Engagements an den Kammerspielen und am Residenztheater in guter Erinnerung. Sein Debüt am Promenadeplatz gibt er erst jetzt mit 77 Jahren. Mit Leslie Malton stürzte er sich in "Ein Oscar für Emily" unerschrocken auf einen Boulevard der Dämmerung.

Die beiden Autoren Folker Bohnet und Alexander Alexy schrieben nicht nur Dialoge mit geschmeidigen Repliken ("Ich gehe jetzt ins Bad und bringe mich um" - "Aber mach die Wanne hinterher sauber."), sondern auch eine Komödie mit tragikomischer Ambition. Das ganze Elend des Hollywood-Glanzes schimmert immer wieder durch: Der Preis des Ruhms, der besonders hoch ist, wenn der Ruhm ausbleibt, die Familie, die auf der Strecke bleibt, der Verlust des Sohnes, die Lebenslügen, die im Lauf der Zeit zu Wahrheiten werden, und auch das Älterwerden sind Themen.

Wo die dramaturgische Konstruktion ganz besonders laut knirscht, lassen die Regisseure Peter Jordan und Leonhard Koppelmann und ihr Darstellerduo es auch richtig krachen. Manchmal wird das Hinausgleiten aus der Realität in eine Traumwelt etwas überdeutlich erklärt, wenn die Szene mit schmachtender Filmmusik unterlegt wird, denn Malton & Manteuffel könnten das auch ohne Soundtrack. Immer subtil an der klamottigen Parodie vorbei sind die beiden die sehr guten Schauspieler, die es braucht, um sehr schlechte Schauspieler sehr gut zu spielen.

Der Dritte im Bunde ist Jonas Minthe als Jeff, der gut gelaunte Lunchbox-Lieferant. Was er mit der Oscar-Verleihung und Jack Nicholson zu tun hat sowie sein Geheimnis, das dem ganzen Stück am Ende noch einen völlig neuen Kick gibt, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Aber was den Zustand der älteren Herrschaften angeht, die er versorgt, macht er sich keine Illusionen: "Die Sinne lassen nach. Bis auf den Starrsinn".

Komödie im Bayerischen Hof, bis 26. Februar, 19.30 Uhr, sonntags 18 Uhr, Karten unter Telefon 29161633