AZ-Filmkritik

"Ben is Back": Verlorener Sohn und Löwenmutter


Von Bernhard Lackner

Erst Beziehungsdrama, dann Thriller mit etwas wirren Wendungen: "Ben is Back" mit Julia Roberts.

Bei jedem Zipperlein die richtige Pille, und schon ist alles paletti. Schmerz-, Beruhigungs- und Schlafmittel gehen locker über die Apothekentheke. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland: 5 Prozent der verschriebenen Medikamente haben Suchtpotenzial, außerdem 12 Prozent der nicht verschreibungspflichtigen Präparate. Hauptsache, der Mensch funktioniert.

Und funktionieren nach einer Sportverletzung sollte auch der inzwischen 19-jährige Ben, der mit süchtig machenden Medikamenten vollgestopft wurde und anschließend im Drogensumpf landete. Als er am Heiligabend vor der Tür steht und behauptet, von seinem Betreuer in der Reha "Urlaub" für Weihnachten bekommen zu haben, ist die Reaktion bei den Burns verhalten.

"Ben is Back" ist aufgeblasen, aber spannend

Während Mutter Holly sich über den Besuch freut (auch wenn sie vorsichtshalber Medikamente und Wertsachen wie Schmuck in Sicherheit bringt), sind Stiefvater und Teenie-Schwester nicht gerade begeistert.

Der Ex-Junkie und Drogendealer ist ihnen nicht geheuer, seinen Beteuerungen, er sei clean, glauben sie nicht. Doch erst einmal lässt sich alles gut an, das Fest der Liebe kann kommen. Dann der Knall. Obgleich Holly ihn weder beim Shopping noch in der Selbsthilfegruppe aus den Augen lässt, ertappt sie ihn mit einem Drogenpäckchen, es folgt ein Einbruch ins Haus und die Entführung des Familienhundes. Um Geld zu erpressen, alte Rechnungen aus der Dealerzeit zu begleichen?

Die Vergangenheit holt Ben wieder ein. Mutter und Sohn begeben sich auf eine gefährliche Reise durch eine apokalyptische Nacht. Was als leises Beziehungsdrama begann und ins Herz trifft, wird zum aufgeblasenen, aber spannenden Thriller mit vielen verwirrenden Wendungen. Julia Roberts überzeugt in einer ihrer bisher besten Rollen als besorgte Löwenmutter, die an ihre Grenzen geht, um ihr Kind zu schützen. Wenn sie zufällig den Schuldigen, den einstigen Arzt ihres Sohnes, trifft und ihm den Tod an den Hals wünscht, glaubt man ihr aufs Wort.

Regisseur Hedges weiß, wovon er spricht

Der Sohn des Regisseurs Peter Hedges, Lucas Hedges, der eine Oscarnominierung für "Manchester By The Sea" erhielt, spielt die ambivalente Titelfigur verletzlich, verlogen und verloren. Wie ein Puzzle entfaltet sich die brutale Wirklichkeit, erlebt man, wie der Junge in Abhängigkeit und in das Drogennetzwerk geriet und jetzt durch seine Instabilität die Familie ins Wanken bringt. Die auf 24 Stunden komprimierte Handlung ist ein Ritt durch menschliche Abgründe, beeindruckt durch Direktheit und Wahrhaftigkeit.

Vielleicht, weil der Regisseur weiß, wovon er spricht: Er kommt aus einer Familie, in der Drogen und Alkohol eine große Rolle spielten, hat einen Menschen, der ihm nahe stand, an die Sucht verloren, ein anderer Freund steckt im Entzug. Trotzdem vermeidet er tödliche Tragik.

Kinos: Astor Film Lounge im Arri, Leopold, Monopol (OmU), Museum Lichtspiele (OV) Regisseur: Peter Hedges