Interview

„Liebeskummer ist wie ein Entzug“


Silvia Fauck.

Silvia Fauck.

Von Tanja Pfeffer

Wer krank ist, geht zum Arzt. Wenn der Körper ein Problem hat, vertrauen wir ganz der Medizin. Doch was ist, wenn die Seele schmerzt? Silvia Fauck ist Psychologin und gründete die erste Liebeskummer-Praxis in Deutschland. Zusammen mit 21 Partnerinnen hilft sie in vielen Städten Herzschmerz-Patienten. Die 50-Jährige hat mehrere Bücher zum Thema "Liebeskummer" geschrieben. Im Interview erzählt sie von Entzugserscheinungen bei Liebeskummer und wie man damit fertig wird.


Frau Fauck, wie trenne ich mich richtig, sodass es meinem Partner nicht wehtut?
Eine Trennung tut immer weh, egal wie man sich trennt. Aber am besten und am wenigsten verletzend ist es, die Wahrheit zu sagen. Auch wenn eine andere oder ein anderer im Spiel ist, sollte man nicht lügen. So hat der Verlassene etwas Greifbares und fühlt sich noch als Mensch.

Wie sollte man sich auf keinen Fall trennen?
Egal wie alt man ist: Per SMS Schluss zu machen, ist feige. Die Verlassenen können die Phase der Trauer gleich beiseitepacken. Da lohnt es sich gar nicht zu trauern. So Schluss zu machen, ist ein Zeichen von Feigheit und zeugt von Menschen ohne Niveau. Und wer will schon einen Menschen ohne Niveau. Das will man natürlich anfangs nicht hören. Der erste Gedanke ist: Ich will den Partner zurück. Das liegt am Entzug. Bei Liebeskummer ist man auf Entzug von dem geliebten Menschen. Man ist wie ein Junkie bei Liebeskummer. Man fühlt sich alleine und zurückgelassen. Und dieses Gefühl macht einem Angst.

Sie haben von der Phase der Trauer gesprochen. Kann man Liebeskummer in Phasen einteilen?
Ja, das kann man. Ich arbeite in meiner Praxis mit drei Phasen. In der ersten Phase wird getrauert, dann muss man das Selbstbewusstsein wieder aufbauen und im letzten Schritt wieder Vertrauen finden. Das muss zum einen Vertrauen in sich selbst sein und zum anderen Vertrauen in etwas Neues. Man muss die Angst vor einer neuen Katastrophe überwinden.

Machen das alle gleich oder gehen Mädchen mit Trennungen anders um als Jungs?
Nein, jeder geht damit anders um. Frauen zum Beispiel brauchen viel Zeit für sich. Das liegt auch daran, dass Frauen in der Lage sind zu trauern. Sie können das. Sie können sich mit sich selber beschäftigen. Männern geht es in der Zeit auch schlecht, aber sie geben es nicht zu. Männer helfen sich eher mit anderen Frauen.

Was halten Sie denn von solchen Lückenbüßern? Hilft eine neue Liebe?
Das ist eine Charakterfrage. Männer haben oft schnell was Neues. Das hilft ihnen
auch. Frauen brauchen eher erstmal ihre Ruhe und viele Gespräche. Ich persönlich
halte nicht viel von Lückenbüßern. Es ist eine Selbstbewusstseinsfrage. Stürzt man
sich schnell in eine neue Liebe, ist die Trauer nicht weg, sondern nur betäubt. Besser wäre es, erstmal alleine zu sein und etwas über sich selbst zu lernen.

Ab wann kann man wieder eine ernsthafte Beziehung führen?
Dazu gibt es keine Richtlinien. Es kann sein, dass man nach zwei Monaten Beziehung
ein halbes Jahr trauert. Es gibt aber auch Fälle, wo Paare nach 40 Jahren Ehe gar
nicht gelitten haben. Aber: Keiner muss sich schämen, wenn er lange leidet. Das braucht seine Zeit. Man darf sich nicht verrückt machen lassen von Freunden, die meinen, es würde jetzt reichen. Wer traurig ist, soll sich seiner Trauer stellen.

Und wenn man wütend ist? Wie kann man mit der Wut auf den Ex-Partner umgehen?
Leider hat man viel zu selten Wut. Die meisten sind nur sehr traurig. Wer Wut empfindet, kann sich freuen. Der hat den schwersten Schritt schon geschafft. Wut heißt, man ist mit dem Gefühl bei sich selber. Wenn man allerdings zu wütend ist, muss man sich auch helfen lassen. Es ist nichts peinlicher, als einen Wutanfall vor dem Expartner zu bekommen.

Wie soll man auf das Angebot reagieren: Wir können ja Freunde bleiben?
Auf keinen Fall darauf eingehen. Das ist der größte Fehler. Einer der beiden ist immer
der Verlierer. Einer hofft immer, dass der andere es sich anders überlegt und nochmal
zurückkommt. Dem ist aber nicht so. Nach einem halben Jahr in etwa, wenn beide ihre Trauer überwunden haben, kann man eine Freundschaft versuchen, vorher nicht.