Bayern

Zweite Stammstrecke: Was wusste die Stadt?

Trägt das Rathaus auch eine Schuld, dass die Stammstrecke so lange dauert? Diese Fragen stellt der Landtag. Und ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung muss sich rechtfertigen. Ihm seien die vielen Umplanungen komisch vorgekommen. Aber das seien nur "eigene S


Die Baustelle am Marienhof für die Zweite Stammstrecke. Sie ist die tiefste in Deuschland, sagt die Bahn.

Die Baustelle am Marienhof für die Zweite Stammstrecke. Sie ist die tiefste in Deuschland, sagt die Bahn.

Von Christina Hertel

München - Die Zweite Stammstrecke wird viel später fertig. Die Bahn rechnet mit 2035 oder 2037. Und die Röhre wird viel teurer. Rund sieben Milliarden Euro soll sie kosten. Was wusste die Stadt München von diesem Debakel?

Dazu hat der Untersuchungsausschuss des Landtags am Donnerstag einen Ingenieur aus dem Baureferat befragt. Ralf Wulf (63) ist seit vielen Jahren mit der Zweiten Stammstrecke befasst, vor allem dort, wo es Schnittstellen zu den Plänen der Stadt gibt - wie bei der U9, die auch am Hauptbahnhof halten soll. Er stellte klar: Bis zum September 2022 habe die Stadt keine Infos von der Bahn zu Zeit- und Kostenplänen erhalten.

Er habe sich aber schon davor, wenn neue Umplanungen auf seinem Schreibtisch landeten, immer wieder gedacht, dass das so nicht mehr stimmen könne. Doch das seien eigene Schlussfolgerungen gewesen.

Vor allem der Abschnitt im Osten macht Probleme bei der Stammstreckenplanung

Zum Beispiel gab es Umplanungen am Ostbahnhof. Statt am Orleansplatz soll der neue S-Bahnhalt an der Friedenstraße liegen. Wulf hält die Neuplanungen zwar für richtig. Aber auch eine Präsentation der Bahn zeigt, dass vor allem der Abschnitt im Osten Probleme macht. Noch gibt es für diesen Teil der Strecke keinen Planfeststellungsbeschluss. Dieser ist rechtlich zwingend notwendig, damit es mit dem Bau losgehen kann. Die Bahn rechnet damit, dass der Beschluss Ende 2023 vorliegt.

Bis zum Baubeginn wird dann noch über ein Jahr vergehen. Erst im Februar 2025 rechnet die Bahn damit, dass es los geht.

2035 soll der Abschnitt fertig sein und in Betrieb genommen werden können, heißt es in den Unterlagen. 1,3 Milliarden Euro soll er laut den jüngsten Kalkulationen der Bahn kosten, die allerdings mit Preisen aus dem Jahr 2021 berechnet sind.

Am Marienhof ist die tiefste Baustelle Deutschlands

Am Marienhof leiste die Bahn "Pionierarbeit" - so steht es in den Unterlagen. Es sei die tiefste Baustelle Deutschlands. Gleichzeitig befindet sie sich mitten in der Innenstadt - ganz in der Nähe von "hochsensiblen Bauwerken" wie der Frauenkirche. Ingenieur Wulf aus dem Baureferat erinnert sich, dass es auch hier Umplanungen gegeben hat. Allerdings glaubt er, dass diese für die Kosten und für den Zeitablauf nicht relevant gewesen sein dürften.

Auch die U9 in die Planungen zu integrieren, ist seiner Ansicht nach nicht maßgeblich verantwortlich. Damals sei man von einer Verzögerung von 2026 auf das Jahr 2028 ausgegangen. Allerdings präsentieren ihm Landtagsabgeordnete eine Sprachregelung die Oberbürgermeister, Bauministerium und Bahn getroffen haben. In dieser steht, dass sich der Umfang für das U9-Vorhaltebauwerk seit Planungsbeginn vervierfacht habe. Wulf stellte klar, dass er diese Sprachregelung nicht kenne - und auch nicht glaubt, dass das so stimmt.

Die U9 ist für die Mehrkosten nicht verantwortlich

Zumindest für die hohen Kosten ist das U9-Vorhaltebauwerk in jedem Fall nicht verantwortlich. Die 458 Millionen Euro, die es kosten soll, muss nämlich die Stadt tragen.

Am besten kommt die Bahn mit dem oberirdischen Abschnitt der Stammstrecke im Westen voran. Ein Bahnsteig in Laim soll im Herbst dieses Jahres in Betrieb genommen werden. Der gesamte Abschnitt soll 2026 fertig sein.