Bayern

Weniger Parkplätze, mehr Fußgängerzonen: Hat Grün-Rot bislang geliefert?

500 Stellplätze jedes Jahr weg, autofreie Altstadt bis 2025 und mehr Fußgängerzonen, hat Grün-Rot versprochen. Aber was wurde draus?


Ein Gärtnerplatz ohne private Pkw, sondern nur für Busse, Fußgänger und Radfahrer. So stellen sich die Grünen im Rathaus den Platz vor.

Ein Gärtnerplatz ohne private Pkw, sondern nur für Busse, Fußgänger und Radfahrer. So stellen sich die Grünen im Rathaus den Platz vor.

Von Christina Hertel

Vor allem die Grünen sind mit dem Versprechen angetreten, den öffentlichen Raum neu zu verteilen. Weniger graue Parkplätze - mehr "Aufenthaltsqualität" - wie es so oft im Stadtrat heißt.

Die AZ zieht Bilanz, was aus den Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, den sie vor drei Jahren mit der SPD schlossen, wurde.

"Wir verwirklichen die weitgehend autofreie Altstadt (kein Autoverkehr für Private außer Anwohnende und Mobilitätseingeschränkte - Ausnahmen für Busse, Taxis, Geschäfts-, Liefer- und Baustellenverkehr) sukzessive bis 2025."i

Daraus wird wohl nichts. Allein um 30 Parkplätze im Tal hat der Stadtrat monatelang gestritten. Immer wieder ist von Stadträten zu hören, dass sie auf eine Gesamtstrategie zur autofreien Altstadt warten. Doch das Mobilitätsreferat liefere nicht, heißt es. Noch in diesem Frühjahr soll es allerdings laut Referat eine Veranstaltung für die Öffentlichkeit geben, um sie einzubinden.

"Erste Schritte mit einer Fußgängerzone in der Dienerstraße und im Tal (...) werden umgesetzt.”i

Mit "Hochdruck" arbeite das Mobilitätsreferat gerade an einer Fußgängerzone im Tal. Allerdings hinkt die Stadt auf jedem Fall ihrem Versprechen hinterher.

Vergangenes Jahr forderte der OB, dass die Fußgängerzone schon 2023 umgesetzt werden soll. Doch es holpert gewaltig. Noch ist das Tal die offizielle Route für den Baustellenverkehr, der zum Marienhof muss, wo ein neuer S-Bahnhalt entsteht. Das Mobilitätsreferat muss sich also irgendwie mit der Deutschen Bahn einigen.

Die Dienerstraße wurde 2020 zur Fußgängerzone umgewidmet. Außerdem wurde 2022 die Erweiterung der Fußgängerzone an der Löwengrube (westlich der Frauenkirche) fertig. Dieses Jahr soll die Erweiterung östlich des Doms beginnen.

"Stadtviertelkonzepte werden entwickelt mit Verkehrsberuhi- gungsmaßnahmen, dezentralen Fußgängerzonen, verkehrsberuhigten Bereichen.”i

Es tut sich zumindest ein bisschen etwas: Seit 2021 richtet die Stadt jedes Jahr sogenannte Sommerstraßen ein. Während des Sommers wird auf diesen Straßen der Autoverkehr größtenteils ausgesperrt, Fußgänger bekommen mehr Platz zum Flanieren und zum Entspannen. Auch, dass die Münchner auf Parkplätzen Möbel aufstellen und sogenannte Parklets schaffen, unterstützt die Stadt seit 2021 jeden Sommer.

Zumindest der politische Wille ist da, Fußgängerzonen außerhalb der Altstadt zu schaffen.

Die erste soll in der Weißenburger Straße in Haidhausen entstehen. Provisorien sollen dieses Jahr starten - hieß es zumindest.

Auch mehr Tempo-30-Zonen treibt die Stadt voran. Ab diesem Frühjahr gilt auf knapp zwei Kilometern auf der Leopoldstraße Tempo 30. Weitere Beispiele sind: die Frauenstraße, die Schellingstraße, die Orleansstraße, die Innere Wiener Straße.

"Das Konzept der Superblocks aus Barcelona wird - angepasst an die deutsche Rechtslage - als Modellversuch auf dem Weg zur autofreien Innenstadt im Bereich Gärtnerplatzviertel und Südliches Lehel erprobt."i

Ein Pilotprojekt ist in Planung. Noch in diesem Jahr soll der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss fassen. Das Mobilitätsreferat lotet gerade aus, ob sich Maßnahmen 2024 umsetzen lassen.

Allerdings kündigt das Referat schon jetzt an: 1:1 lässt sich das Modell der Superblocks, wie es in Barcelona praktiziert wird, nicht auf München übertragen. Dort wird der Autoverkehr aus einzelnen Blocks systematisch herausgehalten, rein fahren dürfen nur Anwohner und Lieferverkehr mit maximal 10 km/h.

"Wir stärken den Fußverkehr besonders durch eine größere Anzahl von Zebrastreifen und breitere Gehwege.”i

Das ist in der Umsetzung: In dieser Legislatur wurden 13 neue Fußgängerüberwege eingerichtet, etwa an der Truderinger und an der Neumarkter Straße.

An wie vielen Stellen Gehwege verbreitert wurden, kann das Baureferat nicht sagen, aber es nennt eine Reihe von Straßen: etwa die Tumblingerstraße und die Lindwurmstraße. Auf der Ludwigsbrücke arbeitet die Stadt gerade noch daran, dass Fußgänger und Radler mehr Platz bekommen.

"Jedes Jahr wollen wir gemeinsam mit der Bürgerschaft mehrere Plätze und Straßenräume dauerhaft lebenswerter gestalten."i

Dass jedes Jahr ein Platz schöner wird, war wohl ein etwas zu ambitioniertes Ziel. Realistischer wäre wohl ein Platz in dieser Legislatur gewesen. Allerdings merkt man tatsächlich, dass sich etwas tut: Zum Beispiel gibt die Stadt 4,65 Millionen Euro aus, um die Fahrbahnen und Gehwege rund um den Spielplatz "Am Glockenbach" umzugestalten.

Auch rund um den Partnachplatz soll ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich eingerichtet werden, in dem für Autos und den Radverkehr Tempo 20 gilt. Und erst vor kurzem hat der Stadtrat entschieden, dass die Ecke Barer Straße/ Nordendstraße durch einen "vielfältig nutzbaren Mini-Park" schöner werden soll. Außerdem plant die Stadt, den Canisiusplatz in Hadern aufzuwerten.

"Im Bereich des Autoverkehrs werden öffentliche Parkplätze umgewandelt bzw. reduziert (mindestens 500 pro Jahr)."i

Rechnerisch hätte die Stadt also in den vergangenen drei Jahren 1500 Parkplätze streichen müssen. Hier ist die Stadt gut dabei. Das Mobilitätsreferat teilt mit: Seit Ende 2020 sind innerhalb der Parklizenzgebiete 1105 Parkplätze entfallen, unter anderem für die Schaffung von Abstellflächen für Fahrräder, E-Tretroller und Radwege. Im gesamten Stadtgebiet seien die Zahlen deutlich höher, schreibt das Mobilitätsreferat. Ein Beispiel sei die Radschnellverbindung nach Markt Schwaben - hierfür wurde bereits beschlossen, zirka 900 Parkplätze abzuschaffen.

"Die Planungen für die Tunnel in der Schleißheimer Straße und der Tegernseer Landstraße werden eingestellt."i

Von dem Ende aller Tunnel-Planungen hat sich - zumindest die SPD - verabschiedet. Die Stadt plant nun doch einen Tunnel, der die Schleißheimer Straße an die A 99 anbinden soll. Ein Argument war für die SPD, die Arbeitsplätze für BMW zu sichern. Verlaufen soll die Trasse durchs Hasenbergl und nicht mehr über eine Grünfläche, die für Naturschützer als besonders wertvoll gilt. Die Grünen tolerierten, dass sich die SPD für das Projekt mit der CSU zusammen tat. Ein Tunnel an der Tegernseer Landstraße bleibt aber weiterhin keine Option.