Bayern

Von Primeln und Primadonnen: AZ-Rundgang im Botanischen Garten München

Im Botanischen Garten beginnt allmählich die Freiflächensaison. Die AZ hat sich die schönsten blühenden Frühlingsboten zeigen lassen.


Dionysien sind Primadonnen: Die Umgebung muss passen.

Dionysien sind Primadonnen: Die Umgebung muss passen.

Von Anna-Maria Salmen

München - Nach einem langen, grauen Winter ist die Sehnsucht nach den ersten Farbtupfern des Frühlings groß. Allmählich recken auch im Botanischen Garten wieder Primeln, Narzissen und Krokusse ihre Köpfe aus der Erde. "Wir versuchen zwar, über das ganze Jahr verteilt Blütenhighlights zu bieten", sagt der stellvertretende Direktor Andreas Gröger. "Aber im Winter liegt der Schwerpunkt natürlich in den Gewächshäusern, die Freilandbereiche haben Pause." Erst jetzt geht es draußen wieder richtig los, in den nächsten Wochen wird es wieder überall blühen.

Erste Vorboten sind im Alpinenhaus zu sehen. "Das ist unser besonderes Schmuckkästchen", sagt Gröger. Geschützt vor Wind und Wetter wachsen hier Arten, die ein wenig sensibel sind. Zum Beispiel die Dionysia afghanica, die sonst nur in den Gebirgen von Afghanistan und Iran vorkommt: Wie dichte, zartlila Halbkugeln bedecken die winzigen Blüten die Töpfchen.

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Andreas Gröger, stellvertretender Direktor des Botanischen Gartens, zeigt eine echte Rarität: Der Perlschweif kommt ursprünglich aus Japan und hat seine kleinen, kugelförmigen Blüten schon im letzten Jahr gebildet. Nun öffnen sie sich langsam.

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Sieben Jahre hat es gedauert, bis die Dionysie den Topf füllte.

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Die Krokusse blühen schon seit einigen Wochen. Mehr als 50 verschiedene Arten gibt es weltweit, wie Botaniker Andreas Gröger sagt.

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In der Natur ist diese Aurikelart in Südwestitalien heimisch.

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Nur Kolibris kommen an den Nektar dieser Kapuzinerkresse.

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Zarte Primeln bedecken den Boden, soweit das Auge reicht.

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Wie ein Teppich breiten die Puschkinien sich aus. Von Nahem erkennt man die sternförmigen Blüten.

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Der Winterling kann seine Blütenkelche zum Schutz schließen.

Bis sie eines mit gerade einmal fünf Zentimetern Durchmesser füllen, hat es rund sieben Jahre gedauert, wie Gröger erklärt. Die etwas voluminöseren Exemplare, die sich wie kleine Teppiche ausbreiten, müssen nach Schätzung des Fachmanns 30 bis 40 Jahre alt sein.

Dabei ist die Pflanze sehr empfindlich, Gröger bezeichnet sie als "Primadonna". In ihrer Heimat wächst sie unter überhängenden Felswänden, "da kommt kaum ein Tropfen Regen hin". Entsprechend braucht die Dionysia auch hierzulande Trockenheit und gedeiht nur im geschützten Gewächshaus richtig. Bei der Pflege achten die Gärtner laut Gröger darauf, nur um die Blütenköpfchen herum zu gießen.

In der Nähe leuchten Palinuro-Aurikeln, die mit ihren gelben Blüten an Schlüsselblumen erinnern. Heimisch sind sie normalerweise nur auf den Klippen Südwestitaliens, wie Gröger erzählt. Auf kleinstem Raum sind im Alpinenhaus Pflanzen aus allen Gebirgsregionen der Welt zu sehen. "Von Neuseeland über die Rocky Mountains bis zum Himalaya, hier ist alles vertreten", sagt Gröger.

Auch Gewächse aus Peru: Eine spezielle Kapuzinerkressenart sticht mit ihren kleinen, roten Blüten ins Auge. Der Nektar ist ganz hinten in den länglichen Kelchen versteckt, erklärt der Fachmann. Die Pflanze wird daher in ihrer Heimat von Kolibris bestäubt, die mit ihren langen Schnäbeln gut an den Nektar herankommen. Hierzulande gibt es die Vögel nicht, die Blume würde laut Gröger daher auch keine Früchte tragen. Man müsse sie ersatzweise per Hand bestäuben.

Zum Schutz der zarten Pflanzen darf man das Alpinenhaus nicht betreten, die Gewächse sind nur von außen durch die Glasscheibe zu bewundern. Sonst würden sie zu sehr zum Anfassen verleiten, meint Gröger. "Das würden sie nicht lange aushalten."

Aber auch im Freien sind schon Farbtupfer auf den Grasflächen und in den Beeten zu entdecken. Gröger führt den sogenannten Frühlingsweg entlang, an dessen Rand links und rechts in zarten Farben unter anderem Primeln und Narzissen sprießen.

Wie andere Frühblüher nutzen diese Arten die Tatsache, dass sich durch die steigenden Temperaturen langsam die oberen Bodenschichten erwärmen. "Durch die Blüte werden sie zwar früh von Bestäubern wahrgenommen, sie müssen aber auch noch niedrige Temperaturen aushalten." Die Zaubernuss etwa, ein hoher Strauch mit gelben, fadenartigen Blütenblättern, kommt mit bis zu minus zehn Grad zurecht.

Und auch andere Gewächse sind raffinierte Anpassungskünstler: Der Winterling erblüht schon früh in leuchtendem Gelb und kann seine Kelche zum Schutz schließen. Das funktioniert durch einen Wachstumsprozess, wie Gröger erklärt. Im Laufe der Blütezeit werden die Blätter durch das ständige Öffnen und Schließen also immer länger.

Folgt man dem Frühlingsweg weiter, erspäht man auf den Grasflächen blaulila leuchtende Teppiche. Aus der Nähe sind die sternförmigen Blüten der Puschkinie zu erkennen. Zahllose Bienen schwirren hier schon auf Nahrungssuche umher.

Der Rundgang endet am Schmuckhof des Gartens, wo in einem der Beete Hornveilchen ein prächtiges Muster in weiß und dunkelrot bilden. Dabei ist das nur die Winterbepflanzung, sagt Gröger. Das Highlight ist noch im Boden versteckt, in rund zwei Wochen soll es sich zeigen: "Dann gibt es hier ein Meer aus Tulpen und Narzissen."