Bayern

Stadtrat kritisiert "Klebermitführ-Verbot": "Ich bin über das KVR schockiert"

Nach AZ-Bericht: Stadtrat Thomas Lechner kritisiert das Rathaus für "Klebermitführ-Verbot"


Eine Polizistin und ein Aktivist räumen zusammen.

Eine Polizistin und ein Aktivist räumen zusammen.

Von che, anf, rah

München - Klimaaktivist Wolfgang Metzler muss 1000 Euro Zwangsgeld zahlen, weil er eine Tube Sekundenkleber in der Tasche hatte. Einen solchen Bescheid hat das grün-geführte Münchner Kreisverwaltungsreferat gegen sieben Aktivisten erlassen (AZ berichtetei).

Stadtrat Thomas Lechner, der keiner Partei angehört, aber mit der Linken eine Fraktion bildet, hält das für einen Skandal: "Ich bin über das KVR schockiert. Das hat für mich nichts mit einem Rechtsstaat zu tun. Das geht gar nicht."

Schließlich würden die Klimaaktivisten schon für das bloße Mitführen des Klebers kriminalisiert. "Wenn man sich da anschaut, wie schwer es dem Staat fällt, gegen Rechtsradikale vorzugehen oder das Waffengesetz zu verschärfen - das ist doch nicht verhältnismäßig." Von der neuen KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl (Grüne), von der er beobachte, dass sie ansonsten eine liberalere, offenere Politik verfolgt, ist Lechner deshalb enttäuscht.

Grünen-Chef Dominik Krause teilt diese Kritik nicht. Er könne verstehen, dass das KVR als Ordnungsbehörde handeln musste. Er wisse, dass auch andere Mittel (etwa eine neue Allgemeinverfügung) diskutiert wurden. Und die hatte Krause kritisch gesehen. Das KVR betont ebenfalls, dass sich das Verbot nur gegen einzelne Personen richtet. Es sei deshalb ein milderes Mittel, als eine neue Allgemeinverfügung zu erlassen. Lechner hingegen findet: "Gegen einzelne so vorzugehen, ist Gesinnungspolitik."

Blockade auf dem Ring stoppt den Berufsverkehr

Sieben Aktivisten der Letzten Generation haben am Freitag um acht Uhr morgens mitten im Berufsverkehr in Sendling den Mittleren Ring blockiert. Betroffen war die Abfahrt der Brudermühl- auf die Plinganserstraße. Es kam zu langen Staus, die bis Brudermühlbrücke bzw. bis zum Heckenstallertunnel reichten.

Vier Männer klebten sich laut Polizei auf den Asphalt, zwei Frauen saßen zur Unterstützung daneben, um notfalls eine Rettungsgasse zu ermöglichen. Nach Polizeiangaben befanden sich unter den Aktivisten auch zwei, denen das KVR per Bescheid untersagt hatte in der Stadt mit Sekundenkleber unterwegs zu sein. Ihnen droht nun wegen der Aktion ein Ordnungsgeld von bis zu 1000 Euro.

Einige Autofahrer im Stau nutzten den Fuß- und Radweg als Ausweichroute. Die Polizei rückte mit über 30 Beamten an und entfernte die Klimakleber. Ein älterer Herr rief, er tue das nur "für die Zukunft seine Enkelkinder". Gegen die Aktivisten wird ermittelt wegen Nötigung im Straßenverkehr und wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Alle Aktivisten kamen frei.