Bayern

Nein zu generell Tempo 30 im gesamten Münchner Stadtgebiet

Weniger Gas geben in der Stadt und dafür mehr Tempokontrollen - das Präsidium ist skeptisch.


Michael Dibowski, Polizeivizepräsident von München.

Michael Dibowski, Polizeivizepräsident von München.

Von Ralph Hub

München - Überall im Land wird diskutiert, wie es in puncto Verkehr auf den Straßen weitergehen soll: weniger Platz für Autos, weniger Tempo, mehr Kontrollen. Zumindest im Polizeipräsidium München verfolgt man die Debatte mit einiger Skepsis.

Die Meldung, in München werde angeblich deutlich weniger geblitzt als in vergleichbaren deutschen Großstädten, sorgte zuletzt für ordentlich Gesprächsstoff in der Landeshauptstadt (AZ berichtetei). Rechtsanwälte hatten im vergangenen Jahr Daten aus den 40 bevölkerungsreichsten deutschen Städten untersucht und kamen zu dem Schluss: In München werde zu wenig Jagd auf Raser gemacht.
Auf die Frage, ob in München mehr Geschwindigkeitskontrollen notwendig seien, reagierte Polizeivizepräsident Michael Dibowski gestern auf einer Pressekonferenz im Präsidium eher zurückhaltend: "Ich will nicht, dass an jeder Kreuzung ein Polizist mit einem Lasermessgerät steht", sagte er. An Schulen, Kindergärten und anderen Unfallschwerpunkten werde regelmäßig kontrolliert. Die Polizei sei im intensiven Informationsaustausch mit der Stadt.

Insgesamt wurden im Jahr 2022 in München von der Polizei nach Verkehrsverstößen 88 000 Bußgeldverfahren eingeleitet und über 500 000 Verwarnungen ausgestellt, so Vizepräsident Dibowski.

Das Präsidium ist der Meinung, dass im Stadtgebiet und auch im Landkreis ausreichend kontrolliert werde. Zudem sei es vielerorts auch Aufgabe der Kommune, Tempoverstöße zu überwachen.
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat sich dagegen im Dezember 2022 dafür ausgesprochen, im Kampf gegen Temposünder stärker zu kontrollieren. Die Forscher gehen davon aus, dass Kontrolldruck ein weiterer wichtiger Faktor ist. So lasse sich begründen, dass die Werte in Hamburg stärker gefallen sind als in München. In der Hansestadt seien rund 20 mobile Messanhänger angeschafft worden, die den Kontrolldruck in der Fläche erhöhten.

Viele Kommunen setzten auf mobile Messgeräte oder fest installierte Kontrollstellen. "Die wirken nur punktuell", sagt Steffen Küpper, Leiter der Verkehrspolizei in München. Zudem stelle sich bei Fahrern ein Gewöhnungseffekt ein.

Auch bei einer Reduzierung der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit von Tempo 50 auf 30, wie sie vielerorts diskutiert wird, zeigt sich das Münchner Polizeipräsidium wenig begeistert. "Es wäre schon mal schön, wenn sich alle an Tempo 50 halten würden", sagt Michael Dibowski. In Wohngebieten hält der Polizeivizepräsident Tempo-30-Zonen für sinnvoll. Das Münchner Straßennetz umfasst rund 1122 Kilometer, von denen vor allem in Wohngebieten etwa 330 Tempo-30-Zonen ausgewiesen sind. Seit der Änderung der Straßenverkehrsordnung Ende 2016 darf die Stadt auch auf Hauptverkehrsstraßen, an denen Schulen, Kitas oder Pflegeheime und Krankenhäuser liegen, die Geschwindigkeit auf 30 begrenzen.

Im restlichen Stadtgebiet, so Dibowski, müsse man aber dafür sorgen, dass der Verkehr fließt. "Ich weiß nicht, ob da generell Tempo 30 zielführend ist." Soll heißen, es geht schlicht auch darum, ob Autofahrer generell Tempo 30 akzeptieren würden.

Ein weiterer Punkt, bei dem man im Präsidium mehr auf Eigenverantwortung als auf Gesetzesverschärfungen setzen möchte, betrifft das Thema Radlhelme. Während auf Skipisten kaum mehr ein Mensch ohne Helm unterwegs ist, sieht man auf den Straßen deutlich weniger Radler mit Helm. Was daran liegt, dass weder für Fahrräder noch für Pedelecs oder E-Bikes und auch nicht für E-Scooter bisher eine Helmpflicht gesetzlich vorgeschrieben ist. "Ich bin selbst begeisterter Radfahrer", sagt Michael Dibowski, "ich kann nur jedem empfehlen zur eigenen Sicherheit einen Helm zu tragen."