Bayern

Missbrauch im Internet: Dunkelziffer ist riesig

In einer Presserunde stellt die Staatsanwaltschaft einen besonders schweren Fall von "Grooming" vor. Der Prozess beginnt am Donnerstag.


In der Presserunde: Staatsanwältin Angela Miechielsen.

In der Presserunde: Staatsanwältin Angela Miechielsen.

Von John Schneider

München - Es ist ein wachsendes Phänomen, die Dunkelziffer ist riesig, da ist sich Staatsanwältin Angela Miechielsen sicher. Die Rede ist von "Grooming", einem Internet-Phänomen, bei dem über das Netz von den Tätern Kontakte zu Minderjährigen angebahnt werden, die dann zu Sex-Treffen führen sollen.

Münchens Polizei hat für diesen Bereich im April 2022 sogar ein neues Kommissariat eingerichtet. Das K 17 ermittelt jetzt in Sachen "Sexualisierte Gewalt gegen Kinder".

Und Miechielsens Abteilung konnte jetzt einen 51-Jährigen anklagen. Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den Mann, der reihenweise junge Mädchen im Internet angeschrieben und zu Treffen gedrängt haben soll, bei denen er sie dann missbrauchte.


Der in München lebende Thüringer ist wegen sexuellen Missbrauchs,
Vergewaltigung und des Besitzes von Kinderpornografie angeklagt. "Der Fall hebt sich in seiner Dimension schon von den üblichen Fällen ab. Die mutmaßlich Geschädigten stammen aus dem ganzen Bundesgebiet", so die Ermittler.

Der Angeklagte habe lediglich einen Fall, den Missbrauch einer 13-Jährigen zugegeben. Bei Durchsuchungen in seiner Münchner Wohnung fanden die Ermittler zudem massenweise Fotos und Videos von sexueller Gewalt an Kindern. Den Besitz begründete er damit, dass er ein "Museum für Zensur und verbotene Kunst" gegründet habe.

Die Ankläger nehmen ihm das nicht ab. In fünf Fällen soll es zu Treffen mit den Mädchen, von denen einige erst 13 Jahre alt waren, gekommen sein. Er soll teils Geld für sexuelle Handlungen versprochen haben - oder ein Pferd.


Das Verfahren kam im Februar 2019 ins Rollen,
als sich ein hessisches Opfer bei der Polizei meldete. Doch die Darmstädter Ermittler gaben den Fall nach vier Monaten an ihre Münchner Kollegen ab, weil der Verdächtige von seiner Münchner Wohnung aus den Kontakt zu seinen Opfern herstellte.

Im Juli 2019 wurde diese Wohnung erstmals durchsucht. Die Ermittler beschlagnahmten Handys und Datenträger und ließen ihren Fund von einer Fachfirma auswerten. Diese Auswertung ergab, dass der Mann über mehrere Jahre per Chat Kontakt zu seinen Opfern - darunter ein Kind - aufnahm und es auch zu mehreren Treffen kam.

Als dadurch das ganze Ausmaß des Falles dann bekannt wurde, beantragte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Mann. Der 51-Jährige wurde am 16. Dezember 2021 dann tatsächlich verhaftet. Auch die Wohnung wurde erneut durchsucht und wiederum Speichermedien mit kinderpornografischem Material sichergestellt.


Im Zuge der Ermittlungen kam auch heraus,
dass ein aufmerksamer Lehrer einen Vater von einem bevorstehenden Treffen seines Kindes mit dem Angeklagten informierte. Der Vater informierte daraufhin den Präventionsbeamten der örtlichen Polizeidienststelle. Ein Vorgehen, das Schule machen sollte.

Acht Verhandlungstage hat das Landgericht München I für den Prozess angesetzt.