Bayern

Krapfen in der Kirche: Schunkelmesse mit Pfarrer Schießler

Rainer Maria Schießler feiert in St. Maximilian mit Faschingsvereinen eine Schunkel-Messe. Es geht darum, inschweren Zeiten "mal etwas auszubrechen".


Markus Feiersinger (48), Dozent in der Erwachsenenbildung.

Markus Feiersinger (48), Dozent in der Erwachsenenbildung.

Von Annette Baronikians

Die Kirche St. Maximilian am Isarufer ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Selbst herbeigetragene Klapp-stühle und Bänke reichen nicht aus: Viele Gottesdienstbesucher müssen stehen - und alle haben viel zu sehen.

Überall in der Kirche sind bunte Girlanden und Luftballons. Beim Altar steht eine Art Holz-Christbaum-Skulptur, die bis vor wenigen Tagen noch weihnachtlich geschmückt war. Jetzt hängen an ihr unzählige farbenfrohe Faschingsorden.

Daneben haben Männer und Frauen, teils ausstaffiert mit Glitzerhüten, Platz genommen: die Musiker um Orchesterchef Klaus Ammann, die gleich nach dem Kirchenglockengeläut ihren ersten Einsatz haben - mit einem schmissigen Narrhalla-Marsch.

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Sebastian Kriesel (39), Verwaltungsreferent.

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Annette Pabst (25), Mathematikerin.

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Kreativer Stadtpfarrer: Rainer Maria Schießler, hier in seiner bunt geschmückten Kirche St. Maximilian bei der Faschings-Messe.

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In der proppenvollen Kirche St. Maximilian sind am Sonntag viele Gottesdienst-Besucher kostümiert gekommen.

Es ist Sonntag, 10.30 Uhr: Willkommen bei der sogenannten Schunkel-Messe! Zu dieser haben am Sonntag die Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla und Pfarrer Rainer Maria Schießler in die altehrwürdige Kirche St. Maximilian eingeladen (wegen ihrer markanten Doppeltürme im Volksmund auch "Notre-Dame an der Isar" genannt).

"Spaß und Freude dürfen nicht verlorengehen"

"Wolle mer se reinlasse?", ruft Pfarrer Schießler in einer launigen Reminiszenz an die Kölner Karnevalisten. Es folgt der erste begeisterte Applaus der zahlreich kostümierten Kirchenbesucher, und los geht der beeindruckende Einmarsch. Zu heiterer Faschingsmusik zieht das mit üppigen Samt-Capes und Federhüten gewandete Narrhalla-Präsidium samt Fahnenregiment in die Kirche ein.

Dahinter kommt dann nicht nur das offizielle Narrhalla-Faschingsprinzenpaar der Landeshauptstadt München, Steve I. und Ulrike I., sondern ein ganzer Tross an Prinzen und Prinzessinnen von befreundeten Vereinen aus München und Oberbayern - natürlich in vollem Prunkornat.

Sie alle haben sich zur Aktion "Fasching hat Herz" zusammengeschlossen und ein gemeinsames Ziel: Fasching als "wichtiges Stück bayerischen Brauchtums" erhalten und fördern sowie mit viel sozialem Engagement auch all jenen ein Lächeln auf die Lippen zaubern, die nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

Das große ehrenamtliche Engagement der Narrhalla und ihrer Kollegen würdigt am Sonntag auch Pfarrer Schießler, der der (Nächsten-)Liebe auch Raum in seiner mal fröhlichen, mal nachdenklichen Predigt gibt.

In St. Maximilian hat ganz offensichtlich ohnehin niemand einen Zweifel daran, dass Kirche und Fasching gut zusammenpassen (siehe auch Umfrage unten). Dennoch betont Schießler: "Die Zeit ist so schwer, da nutzen wir jede Gelegenheit, etwas auszubrechen, leicht zu werden." Die Not auf der Welt sei groß, gehe natürlich alle an, doch "Spaß, Freude, Witz dürfen nicht verlorengehen, sonst haben wir keine Energie für all das andere, alles, was uns wichtig ist". Einmal mehr gibt es Applaus und später auch ein sichtbares Zeichen von Nächstenliebe im Spendenaufkommen.

"Der Erlös kommt einem guten Zweck in München zu und wird nach der Faschingssaison übergeben", sagt Narrhalla-Präsident Günther Grauer.

Zwischen den Fürbitten werden Faschingslieder gespielt und gesungen. Es wird geschunkelt, und am Ende des Gottesdienstes heißt es "Alles Walzer" für die Prinzenpaare vor dem Altar.

Keine Frage, die inzwischen vierte Münchner Schunkel-Messe (nach zwei "sehr dürren, dem Virus geschuldet", so Schießler) ist ein etwas anderer Gottesdienst. Doch einer, der die Kirche gefüllt und die Menschen, Alt und Jung, zusammengebracht hat - auch noch beim abschließenden Umtrunk mit Krapfen.

AZ-Umfrage: Wie finden Sie die Schunkelmesse?

Sebastian Kriesel (39), Verwaltungsreferent: "Für mich ist dieser Gottesdienst eine tolle Verbindung zwischen dem Ernst des Glaubens und der Freude im Fasching. Es ist auch so schön, dass man wieder zusammensein kann, sich austauschen und gemeinsam singen kann - oder auch mal schunkeln."

Annette Pabst (25), Mathematikerin: "Ich bin extra verkleidet in die wunderbar dekorierte Kirche gekommen. Fasching und Religion lassen sich sehr gut vereinigen. Es geht um Gemeinschaft und das Füreinander, und die Faschingsgesellschaften engagieren sich ja auch stark im sozialen Bereich."

Markus Feiersinger (48), Dozent in der Erwachsenenbildung: "Das ist eine hervorragende und stimmige Idee! In den Karnevalshochburgen wie Köln oder Düsseldorf heißt's ja immer: ,Im Münchner Fasching ist nichts los!' Da kann ich nur sagen: Ihr irrt euch gewaltig!" Fotos/Umfrage: Annette Baronikians