Bayern

Klimakleberin weint vor Gericht

Einem Ordenspriester, einem Studenten und einer Wissenschaftlerin wird Nötigung vorgeworfen. Sie hatten am Stachus den Verkehr blockiert. So lief der erste Prozesstag


Vor Prozessbeginn: die angeklagten Klima-Aktivisten Luca Thomas, Cornelia Huth und Jörg Alt (v.l.) und ihre Anwälte.

Vor Prozessbeginn: die angeklagten Klima-Aktivisten Luca Thomas, Cornelia Huth und Jörg Alt (v.l.) und ihre Anwälte.

Von John Schneider

München - Als Jesuitenpater Jörg Alt (61) vor Prozessbeginn im AZ-Gespräch gefragt wird, ob er denn bei einer Verurteilung mit den Protesten gegen die Klimapolitik fortfahren wird, lässt seine Antwort keinen Raum für Zweifel: "Ich werde solange weitermachen bis die Regierung handelt. Und danach sieht es nicht aus."


Alt und seine beiden Mitstreiter
- Wissenschaftlerin Cornelia Huth (45) und Student Luca Thomas (21) - wird Nötigung vorgeworfen. Die drei hatten mit sieben weiteren Klimaaktivisten von Scientist Rebellion am 28. Oktober des vergangenen Jahres am Stachus mit Blick auf den Justizpalast den Verkehr blockiert, indem sie sich auf den Fußgänger-Überweg setzten.

Zwei Aktivisten, einer davon der Nürnberger Geistliche, klebten sich auf der Fahrbahn fest. Um die Protestler nicht zu verletzten, hielten die Autofahrer an. Der Verkehr kam zum Erliegen.

Die Polizei leitete die Autos dann um. "Zum Schutz der Aktivisten" heißt es in der Anklage. Tatsächlich erinnert sich Jörg Alt an ein Hupkonzert und Beschimpfungen von Passanten und Autofahrern. Nach einer knappen Stunde löste die Polizei die Versammlung dann auf. Kurz darauf wurden die Aktivisten weggetragen.

Alle drei sind geständig, alle drei hatten bei der Aktion einen Vortrag gehalten, alle drei haben nun für die Verhandlung erneut einen Text vorbereitet, um ihre Motivation zu erklären.

Cornelia Huth kommt dabei ins Stocken, schluchzt, als sie von einem Schlüsselerlebnis bei einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte von Dachau berichtet. Damals habe sie sich die Frage gestellt, ob sie in irgendeiner Form Widerstand geleistet hätte. Unter Tränen erklärt sie, dass sie nun ihr 15-jähriger Sohn zum Protest und aus ihrer Komfortzone gebracht hat.


Das Trio auf der Anklagebank ist sich einig, dass viel zu wenig in Sachen Klimaschutz passiert,
dass das Zeitfenster, um die Katastrophe zu verhindern, immer kleiner wird. Luca Thomas kritisiert beispielsweise, dass weiter nach fossilen Ersatzquellen gesucht wird statt auf Erneuerbare Energien zu setzen.

Es gibt auch einen leichteren Moment: Als Jörg Alt aufsteht, um zu demonstrieren, wie er sich festgeklebt hat, beeilt sich die Richterin zu sagen: "Machen Sie es bitte nicht hier." Allgemeine Erheiterung im Saal.

Der Prozess wird am 16. Mai fortgesetzt.