Meinung

Kommentar: Maibock-Anstich

Der bessere Nockherberg


Der Kabarettist Django Asül hält beim Maibockanstich 2018 im Hofbräuhaus eine Rede. (Archivbild)

Der Kabarettist Django Asül hält beim Maibockanstich 2018 im Hofbräuhaus eine Rede. (Archivbild)

Von Ralf Lipp

Seit Mittwochabend hat jeder wieder den direkten Vergleich: zwischen dem Derblecken vor drei Wochen auf dem Nockherberg und dem im Hofbräuhaus. Und wieder hat sich gezeigt: Die Variante mit Django Asül ist seit einigen Jahren der bessere Nockherberg.

Das liegt nicht daran, dass sein niederbayerischer Stammesvetter Hubert Aiwanger ihn als "besten deutschsprachigen Kabarettisten" einordnet. Das ist - bei allem Respekt für Asül - zuviel des Lobes für den Maibockanstich-Prediger aus Hengersberg. Asül beherrscht einfach seinen Derblecker-Job aus dem Effeff, liest den Mächtigen die Leviten, wie es von alters her Brauch ist.

Wohltuend hebt sich der Anstich damit vom Nockherberg ab, der in Fastenpredigt und Singspiel offenbar alles anders machen will und damit immer wieder scheitert. Die zweite und dritte Verständnisebene, subtile gesellschaftliche Anspielungen und populärkulturelle Übertragungen überlagern immer mehr die alt-bairische Kunst des Derbleckens, des offenen Wortes mit aufgeklapptem Visier gegen die Mächtigen, des sich Aufmandelns der Kleinen im Wirtshaus, in Sommerkeller und Schwemm.

Ein Nockherberg könnte inzwischen mit seiner hochprofessionellen Programm-Mischung aus Comedy (Fastenpredigt) und clownesker Philosophie (Singspiel) auf Tour gehen. Keiner der Gäste in den Stadthalle und Gemeindezentrum würde Starkbier und Politiker vermissen.

Natürlich werden auch beim Maibockanstich nach alter Derblecker-Tradition noch Grenzen überschritten. Asül erwischte mit den rüden Attacken auf Jungminister Hans Reichhart womöglich genau so den falschen Adressaten wie Schafroth beim Nockherberg Alt-Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

Symptomatisch: Dass diese Fehltritte so offensichtlich sind, liegt am Niedergang der Derblecker-Kunst insgesamt. "Sakra! Das tut weh!" denkt noch immer jeder. Aber danach nicht mehr, wie zu Zeiten eines Nockherberg-Redenschreibers Hannes Burger: "Was weiß der auf der Bühne mehr als ich?" Denn damals wurden auch noch feine politische Zusammenhänge im Hintergrund erklärt, die nicht schon sattsam bekannt waren. Das ließ nicht nur die Gesichtszüge der betroffenen Politiker entgleisen, sondern den Zuhörer immer ein bisschen schlauer zurück.