Klassik an der Donau

Forscher im Universum der Musik


Gerhard Oppitz bei seinem Auftritt bei "Klassik an der Donau".

Gerhard Oppitz bei seinem Auftritt bei "Klassik an der Donau".

Jeden Tag bis zum Jahresende veröffentlicht die Lokalredaktion des Straubinger Tagblatts einen ihrer Lieblingstexte aus dem Jahr 2018. Heute blickt Karola Decker auf ihr Interview mit dem Pianisten Gerhard Oppitz zurück, der im Juli bei Klassik an der Donau zu Gast war.

Er ist ein Star der Klassik-Szene, kaum ein Pianist beherrscht ein derart großes Repertoire so formvollendet. Dabei ist Gerhard Oppitz stets bodenständig geblieben. Mit fünf Jahren fing er an, Klavier zu spielen. Seine internationale Karriere begann 1977, nachdem er als erster Deutscher den begehrten Artur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv gewann, bei dem der 90-jährige Rubinstein selbst in der Jury saß. Seine Diskografie umfasst zahlreiche Titel. Zuletzt erschienen sind Beethoven- und Schubert-Sonaten und eine CD mit japanischer Klaviermusik. Seit 2014 ist Gerhard Oppitz Träger des Bayerischen Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst, der höchsten Auszeichnung des Freistaats Bayern. Am 7. Juli gastiert er als Solist bei Klassik an der Donau.

Straubinger Tagblatt: Herr Oppitz, die Freude unter den niederbayerischen Klassik-Fans darüber ist groß, dass sie im Juli nach Straubing kommen. Was hat Sie davon überzeugt, bei Klassik an der Donau aufzutreten?

Gerhard Oppitz: Mit großer Freude habe ich dem Vorschlag des Dirigenten Wolfram Graul, mit dem ich seit mehr als drei Jahrzehnten freundschaftlich verbunden bin, für ein Zusammenwirken bei Klassik an der Donau zugestimmt. Ich schätze Herrn Graul sehr als künstlerischen Partner und Ratgeber, und wir können beide auf eine Reihe von schönen gemeinsamen Aufführungen zurückblicken.

Sie spielen Griegs Klavierkonzert a-moll. Welchen Bezug haben Sie grundsätzlich zu dem Werk von Edvard Grieg?

Schon in meiner Kindheit fühlte ich mich zu Grieg und seiner Musik hingezogen, zu seinem Sinn für Poesie, zu seiner durchaus exotisch anmutenden Klangsprache mit ihrem von der norwegischen Volksmusik-Tradition beeinflussten Tonfall. Natürlich auch zu seinem Erfindungsreichtum und zu seinem pianistischen Komponier-Stil, der ihn als virtuosen Meister des Instruments Klavier zeigt. Mehrere seiner lyrischen Stücke sowie die Musik zu Ibsens Schauspiel "Peer Gynt" gehörten zu den ersten unter seinen Werken, die ich kennen und lieben lernte. Sein Klavierkonzert op. 16 begleitet mich seit 45 Jahren, und daneben habe ich auch immer wieder gerne seine Kammermusikwerke gespielt. Im Jahr 1993, also zu seinem 150. Geburtsjahr, wollte ich Grieg ein kleines Denkmal setzen - mit der Aufnahme sämtlicher Werke, mit vielen wunderbaren Juwelen, die bis heute unter Musikliebhabern und Kollegen verhältnismäßig wenig Beachtung gefunden haben. Meine Gesamt-Aufnahme für das Label RCA/SONY ist erst kürzlich wiederveröffentlicht worden.

Man liest immer wieder, dass Sie sich vor allem Japan und auch den japanischen Komponisten eng verbunden fühlen. Was schätzen Sie an diesem Land und seiner Musik so sehr?

Seit über vier Jahrzehnten, seit ich meine aus Japan stammende Frau kennenlernte, galt mein besonderes Interesse der Erkundung der Geschichte und Kultur Japans. Die Sprache und Schrift zu studieren, die Lebensgewohnheiten der Japaner nachzuempfinden, das Spannungsfeld zwischen Traditionen und modernen Gegebenheiten zu erörtern, all das empfinde ich als große Bereicherung meiner Lebenserfahrung. Im Zusammenhang mit zahlreichen Reisen durch Japan und mit rund 200 Konzerten, die ich dort seit 1976 gegeben habe, konnte ich genialisch begabten japanischen Komponisten begegnen. Meine besondere Verehrung für ihre Kunst, die Einflüsse der japanischen Musiktradition mit der Welt der europäischen Musikstile zu verbinden, habe ich vor einigen Jahren durch eine CD-Aufnahme mit Werken von vier bedeutenden Künstlern unterstrichen.

Sie treten bei Klassik an der Donau mit Mitgliedern des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks auf. Kennen Sie die Musiker bereits von früheren Engagements?

Zusammen mit Wolfram Graul und diesem Orchester habe ich in den vergangenen Jahren Klavierkonzerte von Mozart und Beethoven aufgeführt, und wir blicken darauf mit Vergnügen zurück. Meine Vorfreude auf das Grieg-Konzert im Juli ist groß. Im Übrigen kenne und schätze ich die fabelhaften Musiker des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks seit unseren ersten gemeinsamen Konzerten und Plattenaufnahmen in den 80er-Jahren sehr, sie zeichnen sich durch ihr hohes professionelles Niveau und ihre wunderbare Sensibilität im Umgang mit Musik aus.

Wann und wo trifft man sich, um das Programm zu proben, wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?

In den Tagen vor dem Konzert werden wir uns zweimal in München zu Proben treffen, um das Programm vorzubereiten. So weit ich weiß, werden wir dann in Straubing in den Stunden vor dem abendlichen Konzert noch Gelegenheit haben, uns mit den akustischen Bedingungen im Saal vertraut zu machen.

Sie wurden 1953 in Frauenau geboren, welche Erinnerungen haben Sie an ihre Kindheit im Bayerischen Wald? Gibt es auch eine Verbindung zu Straubing?

Es war sicherlich ein Glücksfall für mich, die ersten zehn Kindheitsjahre in Frauenau und in Furth im Wald erleben zu dürfen. Es war eine schöne und vergnügliche Zeit, und ich fühle mich nach wie vor hingezogen zu Wäldern, Bergen, Seen, Flüssen, in deren Kontext ich aufgewachsen bin. Der enge Kontakt zur Natur ist für mich bis auf den heutigen Tag eine wunderbare Quelle der Inspiration. Die Stadt Straubing konnte ich gelegentlich mit meinen Eltern besuchen, allerdings habe ich nicht so konkrete Erinnerungen an diese Stadt wie an Regensburg, wo ich seinerzeit oft meine Großeltern und weitere Verwandte besuchte. Eine wichtige Verbindung zu Straubing gibt es tatsächlich: Das erste Klavier, das meine Eltern für mich kauften, als ich fünf Jahre alt war, kam aus dem Straubinger Klavierhaus Piano Werner. Dieses Instrument war mein treuer Begleiter beim Erlernen des großen Klavier-Repertoires, bis ich im Alter von 21 Jahren meinen ersten Steinway-Flügel bekam.

Was würden Sie jungen Klavier-Talenten raten, die es auf die internationalen Konzertpodien zieht? Welche Eigenschaften muss ein Pianist mitbringen, um erfolgreich zu sein und das Publikum begeistern zu können?

Meinen Studentinnen und Studenten habe ich im Lauf meiner mehr als 30-jährigen Lehrtätigkeit immer wieder ans Herz gelegt, sich nicht auf das Bemühen um pianistisch-manuelle Vervollkommnung zu beschränken, sondern das gesamte Universum der Musik im Besonderen und der Kunst im Allgemeinen zu erforschen. Mir selbst war es immer ein Anliegen, auch die Gebiete der symphonischen Musik, der Opern, der Kammermusik und des Lied-Repertoires zu ergründen, um dann die dabei gewonnenen Erkenntnisse wieder ins pianistische Gestalten einfließen zu lassen. Jungen ambitionierten Talenten rate ich dazu, das Glück und den Erfolg nicht in der Geschwindigkeit und im Fortissimo-Spiel zu suchen, sondern vielmehr an der Verfeinerung der Klangsensibilität zu feilen, und so viel wie möglich über die Persönlichkeit des jeweiligen Komponisten und sein künstlerisches Anliegen herauszufinden. Darüber hinaus empfehle ich, alle Sinne offenzuhalten für das, was das Leben für uns bereithält.