Naturpark-Projekt schafft Bewusstsein

Lichtverschmutzung: ein unterschätztes Problem

Deutsch-tschechisches Projekt erhält EU-Förderung bis 2021


Den Sternenhimmel sieht man nicht mehr überall. Lichtverschmutzung ist ein Problem der Industriestaaten. Ein EU-Projekt des Naturparks Bayerischer Wald bis 2021 soll aufzeigen, was dagegen getan werden kann.  Foto: ccvision

Den Sternenhimmel sieht man nicht mehr überall. Lichtverschmutzung ist ein Problem der Industriestaaten. Ein EU-Projekt des Naturparks Bayerischer Wald bis 2021 soll aufzeigen, was dagegen getan werden kann. Foto: ccvision

Wenn die Nacht hereinbricht, ist es in den westlichen Industriestaaten mittlerweile für viele Organismen zu hell. Nachtaktive Insekten werden von Straßenbeleuchtung angelockt und sterben vor Erschöpfung. Das führt dazu, dass sie sich nicht fortpflanzen können und als Nahrung für andere Tiere ausfallen - ein scheinbar harmloser Faktor wie Beleuchtung hat drastische Konsequenzen für das Ökosystem. Das Problem, das dahinter steckt, heißt Lichtverschmutzung. Damit wird die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen bezeichnet. Das Projekt "Lichtverschmutzung - gemeinsame Lösungsansätze" des Naturparks Bayerischer Wald e.V., das sich diesem Problem annimmt, wurde daher vor Kurzem bis 2021 verlängert.

Heinrich Schmidt, erster Vorsitzender des Naturparks Bayerischer Wald e.V., und Dr. Julia Freund, wissenschaftliche Projektkoordinatorin, setzen sich gegen Lichtverschmutzung ein.  Foto: Naturpark Bayerischer Wald

Heinrich Schmidt, erster Vorsitzender des Naturparks Bayerischer Wald e.V., und Dr. Julia Freund, wissenschaftliche Projektkoordinatorin, setzen sich gegen Lichtverschmutzung ein. Foto: Naturpark Bayerischer Wald

Auswirkungen auf Tiere

"Bereiche mit 6.000 Kelvin Helligkeit, wie zum Beispiel bei einer Straßenbeleuchtung, sind quasi ökologisch tot", berichtet Johannes Matt vom Naturpark-Projekt zum Ausmaß der Schäden, die Lichtverschmutzung anrichten kann. Denn Nachtbeleuchtung gehe heute oft über das sinnvolle und notwendige Maß hinaus. In der Naturpark-Region, zu der auch der nördliche Teil des Landkreises Straubing-Bogen gehört, sieht Matt vor allem die nächtliche Beleuchtung von Industrieanlagen und Straßen als Problem. Gerade Tiere seien die ersten Leidtragenden. Das Licht gaukle ihnen einen falschen Kompass für den jahreszeitlichen Rhythmus vor. "Teilweise sind Amseln vier Wochen früher paarungsbereit. Sie denken, dass der Frühling durch die helle Nacht einfach früher beginnt", sagt Matt.

Innere Uhr gestört

Auch auf den Menschen könne sich zu viel Licht negativ auswirken, wie das Naturpark-Projekt auf seiner Homepage berichtet. Damit kann der Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen empfindlich gestört werden. Der Mensch benötigt Dunkelheit, um das Hormon Melatonin herzustellen, das für einen gesunden Schlaf notwendig ist. Wird der Tag-Nacht-Rhythmus gestört, sinken körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen bis hin zur Depression sind die Folge. Studien zeigen, dass das Risiko für Diabetes und bestimmte Krebsarten durch künstliches Licht steigen kann.

EU-Projekt geht weiter

Der Naturpark Bayerischer Wald e.V. kämpft gegen Lichtverschmutzung im gesamten Naturpark-Gebiet. Seit Anfang 2018 wird zusammen mit dem tschechischen Kooperationspartner, dem Verein "Aktivity Pro" intensiv an Veranstaltungen zum Thema in beiden Ländern gearbeitet. Sie richten sich explizit an die breite Bevölkerung und politische Entscheidungsträger. Matt erläutert die Zielsetzung: "Es geht darum, die Problematik bekannt zu machen. Es ist wichtig, wenn zunächst einmal jeder darüber Bescheid weiß. Wir waren letztes Jahr bei den Bürgermeistern im Naturparkgebiet. Die sollen als Multiplikatoren und Vorreiter bei der Verringerung von Lichtverschmutzung dienen."

Die gute Nachricht: Das grenzübergreifende Projekt wurde vor Kurzem bis 2021 verlängert und kann weiterhin aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung schöpfen. Sogar Verstärkung konnte gewonnen werden: Seit Februar arbeitet mit Dr. Julia Freund eine wissenschaftliche Koordinatorin im Naturpark. Sie wird sich künftig hauptverantwortlich um alle Belange rund um Lichtverschmutzung kümmern. Die österreichische Biologin hat sich bereits in verschiedenen Forschungsprojekten mit den Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf die Umwelt beschäftigt.

Sternenpark anvisiert

Das Projekt, das im Verbund Interreg zur Förderung grenzübergreifender Kooperation angesiedelt ist, kann so mit weitergehen. Der Naturpark erhofft sich in Zusammenarbeit mit den Kommunen auf lange Sicht die Einrichtung eines Sternenparks, wie es sie bereits in anderen Regionen Deutschlands - etwa in Rhön oder Eifel - gibt. Damit sind Flächen gemeint, in denen der Sternenhimmel nahezu ungestört beobachtet werden kann. Das Grenzgebiet zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland ist dafür geeignet, weil dort der Nachthimmel noch relativ unbeeinflusst ist.

Im November findet dazu ein Vortragsabend im Naturpark-Haus in Zwiesel statt. Schon vorher kann sich die Öffentlichkeit von der Schönheit des Naturpark-Gebiets überzeugen. Am 2. Juni findet die "Grenzenlos.Natur.Erleben"-Wanderung statt. Dabei steht die Natur und die Geschichte des Böhmerwaldes beiderseits der Grenze im Mittelpunkt. Jeder Interessierte ist willkommen. Um Anmeldung bis 31. Mai wird gebeten.

Gegen den hellen Nachthimmel vorzugehen gleicht aber dennoch weiterhin einem Kampf gegen Windmühlen. Johannes Matt meint: "Wir wären froh, wenn die Einführung von dunkleren Straßenleuchten zumindest Lichtverschmutzung nicht mehr weiter verstärkt." Noch ist viel Überzeugungsarbeit nötig, doch kleine Schritte sind schon ein Erfolg.