Aus dem Jahr 1524

Verlagsgebäude der "Landshuter Zeitung" zeugt von seiner Vergangenheit

Wo früher die Wohnung der Verlegerin war, liegt jetzt die Lokalredaktion. Die Redakteure schreiben ihre Artikel also auf historischem Boden. Wir bieten einen Einblick in die Geschichte des Hauses in der Altstadt 89.


Im Verlagskatalog von 1850 ist überwiegend katholische und theologische Erbauungsliteratur verzeichnet.

Im Verlagskatalog von 1850 ist überwiegend katholische und theologische Erbauungsliteratur verzeichnet.

Wer heute im Verlagsgebäude der "Landshuter Zeitung" in der Altstadt 89 arbeitet, atmet Geschichte. So sind die sich über die Hälfte des Hauses erstreckenden Deckenbalken im ersten Obergeschoss dendrochronologisch bereits auf das Jahr 1524 zurückzuführen. Die massive Holzdecke aus der Renaissance wurde bei der Sanierung 1989 freigelegt.

Auch die Gewölbe im Erdgeschoss zeugen von der langen Geschichte. Im Mittelalter standen auf diesem Grundstück noch zwei Häuser, die wohl nach dem großen Brand von 1342 erbaut wurden. Zwischen 1470 und 1570 fasste man sie zu einem Gebäude zusammen, wobei ein neuer, großer Dachstuhl entstand. Über Jahrhunderte hinweg war mit dem Haus das Schankrecht verbunden, ausgeübt von Wein- und Bier-Gastwirten. Nachdem die zechfreudigen Studenten der Landshuter Universität jedoch 1826 nach München abgewandert waren, erlosch die gastronomische Tradition in der Altstadt 89. Das Gebäude mitsamt einem Stadel in der Ländgasse wurde vom Weinwirt Bäuerlein 1833 an Johann Nepomuk Attenkofer, den Inhaber der Jos. Thomann'schen Buchhandlung, verkauft, der auch eine Buchbinderei sowie eine Druckerei betrieb.

sized

Die runden Fenster- und Türbögen sind in den 1960er-Jahren verschwunden zugunsten breiterer Schaufenster.

sized

Das Haus Altstadt 89 (oben rechts), wie es bis 1877 aussah. Die Bildmitte zeigt es nach dem Umbau, die Rückseite ist unten links zu sehen. Rechts unten das Haus Ländgasse 117, das 1874 für die Druckerei erbaut wurde.

Wie der Landshuter Geschichtsforscher Heinrich Egner in seiner Chronik vermutete, wurde die Fassade des Hauses Altstadt 89 in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts grundlegend verändert: Mit vergrößerten Fenstern und -läden, von "arkadenartigen Leibungen umgeben, die bis zum Pflaster herabgezogen waren. Zur Haustür links war in der Mitte ein Eingang zur Buchhandlung (...) während die übrigen drei Fenster zu Schaufenstern ausgebildet worden waren." Doch erst im Zuge eines Umbaus im Parterre 1965 hätten "diese fünf Bögen mit ihrem Rahmenwerk aus dunklem Holz" zugunsten eines Großschaufensters weichen müssen.

Zu Attenkofers Zeit wurden noch sämtliche Gehilfen im Firmengebäude beherbergt und verköstigt. Aber auch Lehrlinge und Dienstboten wohnten mit der Familie unter einem Dach, wo alle gemeinsam zu Mittag speisten. Der Buchhändler, Buchdrucker und -binder war ein "treubesorgter Familen-Vater, ein tüchtiger Geschäftsmann und allgemein geachteter Bürger", wie es in der Chronik zum 100. Jubiläum der Jos. Thomann'schen Buchhandlung heißt. Diese war unter seiner Leitung eine ebenso geachtete katholische Buchhandlung geworden, die unter anderem ein "Ascetisches Handbuch für Ordensleute" oder auch Aufsehenerregende Schriften wie "Der Schulzwang, ein Stück moderner Tyrannei" im Verlagskatalog führte. 1874 verlegte man die Buchdruckerei an die Ländgasse 117, wo "anstelle des Gammelschen Anwesens" ein Neubau errichtet wurde. 1877 wurde das zweistöckige Gebäude in der Altstadt um ein weiteres Geschoss ergänzt. Statt des ursprünglich traufständigen Dachstuhls entstand damals der neugotische Stufengiebel.

Am 27. Februar 1877 heißt es in der "Landshuter Zeitung": "Das Haus der Joseph Thomann'schen Buchhandlung war bisher nur zwei Stockwerke hoch, und das große, breite Dach ging nach vorne herab. Nun wird ein Giebeldach darauf gebaut. Binnen weniger Wochen wird dieser Bau bewerkstelliget sein." Bereits am 18. April 1877 meldete die LZ dann, dass "den neuen Giebelbau auf dem Hause der Jos. Thomann'schen Buchhandlung das deutsche Buchdruckerwappen, ausgeführt von Herrn Paul Weiß", zieren werde.

Heute: Computertastatur statt Klaviertasten

Zur Altstadtseite hin war der einst repräsentative Saal im ersten Stock durch eine Zwischenwand in zwei Räume geteilt worden. Unter die Holzdecke aus der Renaisaissance war ein Plafond eingezogen worden - wohl um Heizkosten zu sparen, vermutete Heinrich Egner. Diese Maßnahme sei wohl um 1700 erfolgt, als in Europa die sogenannte "kleine Eiszeit" herrschte. Gegenüber dem Mittelalter war das Haus immer mehr zum Wohnhaus geworden. Diese Nutzung endete mit dem Tod Käthe von Zabuesnigs (1902-1985). Sie bewohnte noch die Räume, in denen heute die Stadtredaktion der "Landshuter Zeitung" untergebracht ist.

Unter den freigelegten Balken, wo die musisch begabte Verlegerin ihren Flügel anschlug, tippen die LZ-Redakteure heute ihre Texte in den Computer. In dem Altstadthaus, das LZ-Verleger Dr. Hermann Balle 1989 kaufte und sanieren ließ, begegnet man noch vielfach der Vergangenheit. So finden sich im Erdgeschoss noch alte Kontorschränke unter noch älteren Mauerbögen. Und der Innenhof mit seinen reichgeschnitzten Galerien ist immer wieder ein beliebter Anlaufpunkt bei Konzerten zur Adventszeit oder während der Landshuter Hochzeit.


Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Beilage "175 Jahre Mediengruppe Attenkofer".