"Jugend und Politik": Franziska Sänftl will besseren politischen Austausch

"Es geht nicht darum, das Rad neu zu erfinden"


Die 19-jährige Loichingerin Franziska Sänftl findet, kreative Ideen kämen bei Entscheidungen in der Kommunalpolitik bislang zu kurz.

Die 19-jährige Loichingerin Franziska Sänftl findet, kreative Ideen kämen bei Entscheidungen in der Kommunalpolitik bislang zu kurz.

Wer sich im Landkreis für Klima- und Umweltschutz interessiert, kommt an ihrem Namen nicht vorbei: Die 19-jährige Franziska Sänftl aus Loiching war von Anfang an bei der "Fridays-for-Future"-Bewegung dabei und nahm im Zuge dessen bundes- und landesweit an verschiedenen Aktionen sowie am internationalen "Fridays-for-Future"-Kongress 2019 in Lausanne teil. Im März wurde sie sowohl in den Gemeinderat ihres Heimatorts als auch in den Kreistag gewählt. Die nächsten sechs Jahre sollen für die 19-Jährige, die ihre politische Heimat bei Bündnis 90/Die Grünen gefunden hat, dabei im Zeichen der "Klimagerechtigkeit" stehen.

Ursprünglich habe sie nicht unbedingt einer Partei beitreten wollen, erzählt Franziska Sänftl, die seit Sommer Politikwissenschaften und Wirtschaft studiert. Doch dann absolvierte sie voriges Jahr nach ihrem Abitur ein Praktikum bei der "grünen" Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger. "Alle waren herzlich und bodenständig. Das hat mich überzeugt", berichtet die Loichingerin begeistert. Ausschlaggebend sei außerdem gewesen, dass die Grünen stark für das Klimathema einstehen. Zudem wäre sie als so junger Mensch in einer anderen Partei wahrscheinlich nicht so schnell zum Zug gekommen, so Franziska Sänftl. "Im Oktober haben wir den ersten Ortsverband im Landkreis gegründet und im Mai war ich auch schon im Gemeinderat und im Kreistag", erzählt sie.

Die einzige Vertreterin der Grünen im Gemeinderat

Etwas Angst habe sie vor ihrem Amtsantritt schon gehabt, sagt Franziska Sänftl, auch weil sie im Loichinger Gremium die einzige Vertreterin der Grünen sei. Das Gefühl, dass sie wegen ihres Alters nicht ernst genommen werde, sei bei ihr jedoch noch nicht aufgekommen, berichtet sie. Besonders gefreut hat Franziska Sänftl, die neben Martina Kohl Jugendbeauftragte der Gemeinde ist, außerdem, dass ihr als fraktionsloses Mitglied von Freien Wählern und SPD ein Platz im Umweltausschuss zugesichert worden ist. "Es ist viel Arbeit, aber es macht mir wahnsinnig viel Spaß", betont Franziska Sänftl mit einem Funkeln in den Augen.

"Das Problem ist: Die Strukturen sind verfestigt"

Auch im Kreistag, wo sie von drei Parteikollegen unterstützt wird, ist die 19-Jährige im Ausschuss für Struktur, Umwelt- und Klimaschutz sowie im Jugendhilfeausschuss vertreten. In ihrer kurzen kommunalpolitischen Laufbahn hat Franziska Sänftl dabei schon einiges auf den Weg gebracht. Im Juni hat sie einen Antrag auf eine gendergerechte Formulierung der Landkreisgeschäftsordnung gestellt, der jedoch keine Mehrheit fand. "Ich wollte aufzeigen, wie leicht es ist, den Anfang zu machen. Anscheinend bin ich aber nicht ganz verstanden worden", meint die 19-Jährige.

Im August war sie außerdem eine der Initiatoren des offenen Briefs gegen den Abschnitt 3 des Autobahnzubringers Dingolfing-West. Das Vorgehen an sich sowie der Wortlaut des Schreibens wurden von Landrat Werner Bumeder jedoch kritisiert - eine Reaktion, mit der Franziska Sänftl so nicht gerechnet hatte, sagt sie. "Es hätte mehr Aufklärungsarbeit stattfinden sollen, die Diskussion in den öffentlichen Gremien war offensichtlich nicht erwünscht. Das wollten wir nicht hinnehmen. Wichtig wäre es, Bürger und Experten besser miteinzubeziehen." Das Problem sei jedoch, dass die Strukturen im Kreistag verfestigt seien. Grundsätzlich müsse an neuen Konzepten gearbeitet werden. "Fraglich sind die ständig überzogenen Reaktionen auf unsere demokratische Art", so Sänftl. "Motivation habe ich jedoch genug - und auch noch sechs Jahre Zeit, um etwas zu bewirken. Langweilig wird es bestimmt nicht", fügt sie hinzu und lacht.

Junge Menschen sollten politisch mehr mitreden können, findet Franziska Sänftl. Schließlich ginge es um ihre Zukunft. Auch hätten sie gezeigt, dass sie sich informieren. Deswegen wäre es relevant, dass sie mitbestimmen dürfen: Beispielsweise dadurch, dass das Wahlalter auf 16 gesenkt wird oder Jugendliche auf Antrag schon ab 14 wählen dürfen. Voraussetzung sei jedoch, dass das Thema Politik intensiver in der Schule behandelt werde. Die vorausgegangene Generation sei politisch zurückhaltender gewesen, findet Franziska Sänftl, vielleicht auch, weil man keine Notwendigkeit zum Handeln gesehen habe. "Mit dem vermehrten Auftreten der Auswirkungen der Klimakrise hat sich das jedoch geändert", betont die 19-Jährige.

Man steht nicht im Konflikt mit der älteren Generation

In der "Fridays-for-Future"-Bewegung scheut man sich nicht vor deutlichen Worten, doch der Vorwurf, dass man mit der älteren Generation im Konflikt stehe, stimme nicht, betont die 19-Jährige. "Das wird uns oft zugeschoben." Für Franziska Sänftl ist dies eine politische Strategie, um davon abzulenken, dass jahrzehntelang nichts in Sachen Umweltschutz passiert sei. Die Bewegung sei zwar von jungen Menschen ausgegangen, man strebe aber einen gemeinsamen Dialog an und respektiere die Erfahrung der Älteren. "Es ist unglaublich wichtig, die Themen nach außen in die breite Gesellschaft zu tragen. International und einheitlich haben wir noch mehr Schlagkraft."

Trotzdem weist Sänftl darauf hin, dass man die Herausforderungen, die auf die Gesellschaft zukommen, hätte voraussehen müssen. "Diese Themen sind schon mindestens seit dem Kyoto-Protokoll 1997 relevant. Deshalb stellt sich die Frage: Wieso wurde früher nichts getan?" "Fridays-for-Future" habe dazu beigetragen, das Thema präsent zu machen, findet die junge Kreisrätin. Ihr ist wichtig, zu betonen, dass sie und ihre Partei sich nicht nur für Umwelt- und Klimaschutz einsetzen wollen. Vielmehr laute das generationsübergreifende Ziel, "Klimagerechtigkeit" zu schaffen. "Es geht darum, nachhaltige und soziale Lösungen für die Gesellschaft zu finden. Der Mensch darf nicht vergessen werden."

Ein Klimaschutzmanager für den Landkreis?

In den Kommunen sieht Franziska Sänftl den Schlüssel für eine Energie- sowie Verkehrswende. Um junge Menschen dafür zu begeistern, müsse man mehr auf sie zugehen und offen für neue Konzepte sein. Konkrete Vorschläge würden aktuell mit der Fraktion und dem Landrat besprochen, weswegen sie sich mit Informationen noch zurückhalten möchte, erzählt Franziska Sänftl. Entscheidend für die Loichingerin ist, dass ein Umdenken stattfindet. Bereits in der Schule bekomme man Ideen vorgesetzt und lerne viel auswendig, anstatt selbst kreativ zu werden, sagt sie. "Man hört immer, man könne sich eh nicht einsetzen. Ich möchte betonen, das stimmt nicht."

Verbesserungspotenzial sieht die junge Kreisrätin zudem in puncto öffentlicher Nahverkehr. "Da hinken wir Jahre hinterher." Wichtig sei ihrer Partei außerdem, einen Klimaschutzmanager für den Landkreis zu bekommen - dies soll im Haushalt 2021 eingeplant werden, der Antrag dafür wurde bereits gestellt. "Ein Klimaschutzmanager fungiert als Schnittstelle zwischen den Gemeinden und den Landkreisen. Es geht nicht darum, das Rad neu zu erfinden, man kann sich Ideen abschauen. Reisbach ist zum Beispiel mit der Energie AG, die viele Informationsvorträge zu Energie, Umwelt und Klimaschutz hält, weit vorne." Ein Klimaschutzkonzept zu schaffen, sei ebenfalls essenziell, betont die 19-Jährige. "Bis jetzt wurden nur vereinzelte Maßnahmen umgesetzt, aber es gibt noch keine konkreten Ziele."