AZ-Interview mit Bundesminister

Gerd Müller: "Die Zukunft des Klimas entscheidet sich auch in China"


Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, im AZ-Interview.

Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, im AZ-Interview.

Von Katharina Federl

Bundesminister Gerd Müller im Interview über Deutschlands finanzielle Unterstützung an China.

Deutschland hilft der Supermacht China finanziell - das ruft Kritik hervor. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wehrt sich im Interview mit der AZ.

AZ: Herr Müller, China erhält Entwicklungshilfe aus Deutschland. Wieso?
Gerd Müller: Das stimmt so nicht. Die klassische Entwicklungszusammenarbeit haben wir schon seit Jahren beendet. Einige Vorhaben wurden für mehrere Jahre vereinbart, zum Beispiel für die nachhaltige Waldbewirtschaftung. Diese Projekte laufen derzeit aus. Ansonsten hat das Entwicklungsministerium China im letzten Jahr lediglich fünf Millionen Euro für die Zusammenarbeit zu mehr Rechtsstaatlichkeit bereitgestellt.

Klimaschutz ist eine Überlebensfrage der Menschheit

Wieso ist dann China bei der Liste der Entwicklungshilfeempfänger auf Platz 3?
Bei den Leistungen handelt es sich überwiegend um Kredite der KfW zu marktüblichen Konditionen - ohne Geld aus dem Bundeshaushalt. China muss diese Kredite mit Zinsen zurückzahlen.

Warum braucht China die Kredite überhaupt?
Weil wir damit Investitionen deutscher Unternehmen anstoßen, etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien. China hat sich wirtschaftlich enorm entwickelt - oft zu Lasten von Umwelt und Klima. Die Auswirkungen werden wir auch in Deutschland zu spüren bekommen. Der Klimaschutz ist längst eine Überlebensfrage der Menschheit. Und die Zukunft unseres Klimas entscheidet sich auch in China oder Indien. Seit 1990 ist der CO2-Ausstoß um 300 Prozent gestiegen. In Deutschland ist er um 27 Prozent gesunken. Wenn es uns ernst ist mit dem Klimaschutz, dann kommen wir an China nicht vorbei.

"China ist längst vom Empfänger zum Geber geworden"

Dennoch: Sollte Entwicklungshilfe nicht den Ärmsten der Armen helfen?
Die Überwindung von Hunger und Armut weltweit ist und bleibt Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Deswegen haben wir die Mittel für Armutsbekämpfung und Ernährungssicherung deutlich auf über vier Milliarden Euro pro Jahr erhöht. Kredite für China stehen dabei in keinerlei Konkurrenz zu diesen Mitteln für die ärmsten Staaten.

Also keine klassische Entwicklungshilfe für China, aber strategische Zusammenarbeit bei Zukunftsthemen?
Ja, China ist längst vom Empfänger zum Geber geworden. Das sehe ich in Afrika auf jeder Reise. Es ist gut, dass sich China in Afrika engagiert. Aber entscheidend ist, dass sich China dem Prinzip der Nachhaltigkeit bei Investitionen verpflichtet.

Ist China nicht ein Konkurrent - gerade in Afrika?
Wir dürfen nicht blauäugig sein. China geht es oft noch um die Ressourcen Afrikas. Nicht darum, Wertschöpfung vor Ort zu schaffen und den Menschen faire Löhne zu zahlen. Deutschland geht einen anderen Weg: Wir setzen auf Partnerschaft und Nachhaltigkeit.

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