Früherer FDP-Vorsitzender

Ex-Außenminister Klaus Kinkel mit 82 Jahren gestorben


Traum um den verstorbenen Politiker Klaus Kinkel

Traum um den verstorbenen Politiker Klaus Kinkel

Von Anne Hund / Stadtviertel

Er war Chef des BND, er leitete zwei Ministerien und er war Vorsitzender der FDP - wer war dieses politische Multitalent? Versuch der Annäherung.

Berlin - Von seinem Vorgänger Hans-Dietrich Genscher hieß es immer, er werde sich ob seiner emsigen Reisetätigkeit irgendwann selbst in der Luft begegnen. Klaus Kinkel reiste als Außenminister nicht weniger häufig. Sechseinhalb Jahre war der FDP-Politiker für das Auswärtige in der Bundesregierung zuständig, von Mai 1992 bis Oktober 1998 unternahm er 445 Reisen in 93 Länder.

Am Montag starb der frühere FDP-Vorsitzende im Alter von 82 Jahren. Kinkel war Genschers politisches Ziehkind. Als damaliger Bundesinnenminister machte Genscher ihn zu seinem persönlichen Referenten, er nahm den am 17. Dezember 1936 geborenen Kinkel später mit ins Außenministerium.

sized

1996 zu Hause in St. Augustin bei Bonn mit Ehefrau Ursula.

sized

1997 in Stuttgart bei einem Schau-Doppel im Tennis mit Boris Becker.

sized

1994 in Berlin mit Amtsvorgänger Hans-Dietrich Genscher.

Der gebürtige Schwabe leitete dort unter anderem den Planungsstab und bekam ersten Kontakt mit der Welt der Diplomaten. Bevor Kinkel die großen Linien der auswärtigen Politik bestimmen konnte, machte er sich noch im Geheimen zu schaffen.

Klaus Kinkel war 1993 Vizekanzler von Helmut Kohl

1979 wurde er Chef des Bundesnachrichtendienstes und zog Aufmerksamkeit auf sich, weil er den damals skandalträchtigen Auslandsgeheimdienst flott auf Vordermann brachte. Kinkels Organisationstalent und seine ruhige, überlegene, manchmal knorrige Art brachten ihm das Ticket für höhere bundespolitische Weihen ein.

Er wechselte 1982 ins Justizministerium, wurde dort Chef - und schließlich betrat er die Bühne der Weltpolitik: Nach Genschers überraschendem Rücktritt wurde er im Mai 1992 als Außenminister vereidigt. Die FDP meinte damals, in Kinkel ihren neuen Star gefunden zu haben. Kinkel war populär, sportlich, sah gut aus. Er galt als zuverlässig und verantwortungsbewusst, und das waren Tugenden, die beim Wahlvolk gut ankamen.

Tugenden, die ihm sein Vater, ein aus Westfalen stammender Internist, vorgelebt hatte, wie er später verriet. Im Juni 1993 machte die FDP Kinkel zu ihrem Parteichef. Das war folgerichtig, aber auch ein Riesenfehler.

Zwei Jahre lang hielt Kinkel als FDP-Chef durch

Denn der Ehemann und Vater war fürs harte parteipolitische Geschäft nicht geboren. Als "arme Sau" bezeichnete er sich. Zwei Jahre hielt Kinkel als Parteichef durch, dann warf er den Job hin. Danach hatte Kinkel wieder alle Zeit, sich dem Job als Außenminister zu widmen. An Arbeit mangelt es nicht. Der Zerfall des Ostblocks und der Sowjetunion wirkten nach.

Kinkel stattete einen seiner ersten offiziellen Besuche der Volksrepublik China ab, deren Staatsführung damals hochumstritten war. Wäre die Bundestagswahl 1998 anders ausgegangen - damals übernahmen SPD und Grüne das Ruder -, wäre Kinkel wohl Außenminister geblieben.

So wurde er Fraktionsvize und Mitglied im Sportausschuss des Bundestages, dem er bis 2002 angehörte. Der Jurist war mit seinen Kontakten und seinem Wissen gefragt. "Er war uns bis in diese Tage ein weiser und bisweilen leidenschaftlicher Ratgeber", würdigte FDP-Chef Christian Lindner. "Wir werden ihn sehr vermissen."

Charlotte Knobloch zum Tod von Klaus Kinkel

Zum Tod von Klaus Kinkel schrieb die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch: "Mit Klaus Kinkel ist einer der großen Außenminister in der Geschichte der Bundesrepublik von uns gegangen. Bereits als Justizminister, vor allem aber in seinen Jahren im Auswärtigen Amt war Kinkel eine der prägenden Politiker Deutschlands, der als Vizekanzler das Zusammenwachsen unseres Landes ebenso wie der Europäischen Gemeinschaft entscheidend vorantrieb. In einer Phase grundlegender Neuausrichtungen in der internationalen Politik gelang es Kinkel, die deutsch-israelischen Beziehungen zu vertiefen und auszubauen. Durch den beginnenden Friedensprozess, aber auch durch alle Krisen hindurch trat er für Partnerschaft und Freundschaft zwischen beiden Ländern ein. Politisch wie persönlich blieb er Israel zeit seines Lebens eng verbunden."

Lesen Sie hier: Macron schlägt Alarm in Europa und fordert "Neubeginn"