Münchner Rundfunkorchester

Mozarts "Zaide" unter Rinaldo Alessandrini


Die schwedische Sopranistin Miah Persson.

Die schwedische Sopranistin Miah Persson.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Das Opernfragment "Zaide" mit dem Rundfunkorchester unter Rinaldo Alessandrini

Das Bessere ist der Feind des Guten. Vor der Komposition von "Idomeneo" arbeitete Mozart an einer Entführung aus dem Serail, deren Titel unbekannt geblieben ist. Ein paar Jahre später bekam er in Wien den Auftrag für die richtige "Entführung", und die ältere, unvollendete Türken-Oper verschwand in seinen Papieren, wo sie seine Witwe Konstanze erst lange nach seinem Tod wiederentdeckte.

Rinaldo Alessandrini und das Münchner Rundfunkorchester stellten diesem unter dem Namen "Zaide" geläufigen Fragment im Prinzregententheater als Ouvertüre den schwungvoll gespielten ersten Satz der Posthorn-Serenade voran.
Die Musiker spielten - ohne Nachbauten älterer Blechblasinstrumente - historisch informiert, aber ein wenig glanzlos. Beim Auftreten der Sänger zog sich der italienische Cembalist mit dem Orchester dann leider auf einen etwas steifen Mozart-Normalbetrieb zurück.

Die hinreißende Menuett-Arie "Ruhe sanft" kommt ganz am Anfang. Miah Persson sang sie mit erlesen timbriertem Sopran und dramatischen Reserven für das wilde "Tiger, wetze deine Klauen" im zweiten Akt. Unter den Herren verfügte der vom Gärtnerplatz entliehene Bassist Levente Páll über die gesündeste Stimme. Allerdings durfte er nur die hübsche Lach-Arie des Sklavenhändlers singen, der hier zufällig auch Osmin heißt.

Ein Buffo als Tyrann

Die Crux von "Zaide" ist der auch für Opernverhältnisse psychologisch unglaublich naive Text. Um den kommt man nur schwer herum, weil die historisch interessantesten, experimentellen Teile der Partitur, die beiden "Melologe", mit dem gesprochenen Wort arbeiten, das Mozart mit der Melodram-Technik mit Orchestermusik verbunden hat.

Alessandrini vertraute diese Passagen nicht einem Schauspieler an, sondern den Sängern. Jeremey Ovenden (Gomatz) kam damit weniger gut zurecht wie Jörg Schneider, der eine herzerwärmend österreichische Operettengemütlichkeit einbrachte, die hier aber leider nicht passt, weil Soliman ein verliebter und überhaupt nicht komischer Wüterich ist. Und die beiden Bravourarien dieses Opera-seria-Tyrannen lassen sich mit einer Pedrillo-Stimme auch nur mit Ach und Krach bewältigen.

Die Dialoge waren frei nach der Rekonstruktion durch die Neue Mozart-Ausgabe menschenfreundlich gekürzt und bearbeitet. Gesprochen wurden sie so, wie es Schwedinnen, Engländern und Weißrussen bei besten Willem möglich ist. Die Familienzusammenführung am Ende aber wurde ein großer Lacherfolg, als wäre "Zaide" eine Seifenoper und kein historisches Dokument der Aufklärung.

Besser wäre es gewesen, die Aufführung dort enden zu lassen, wo auch Mozart mit dem Komponieren aufgehört hat: mit dem Quartett, das vergleichbare Nummern aus "Idomeneo" und der "Entführung" vorwegnimmt.

Die Aufführung kann eine Woche lang in der BR-Mediathek nachgehört werden