Interview mit Richard Quaas

Gasteig-Sanierung: "Natürlich ist manchen das Sechzgerstadion wichtiger"


Die Entwürfe des Büros Henn für das Äußere des sanierten Gasteig.

Die Entwürfe des Büros Henn für das Äußere des sanierten Gasteig.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Der CSU-Kultursprecher über den Besuch der Stadträte in Israel und die ungewisse Zukunft des Gasteig

München - Vor einem Monat kündigte die SPD den fraktionsübergreifenden Konsens zur Sanierung des Gasteig auf. Statt des bereits beschlossenen, fast eine halbe Milliarde Euro teuren Komplettumbaus soll es nur eine abgespeckte Sanierung mit akustischer Verbesserung der Philharmonie geben. Die Bibliothek und der Carl-Orff-Saal bekommen eine verbesserte Haustechnik. Das von der SPD geführte Kulturreferat, die Grünen und die CSU wollen an der bereits beschlossenen Generalsanierung festhalten.

Bevor es am Mittwoch im Gasteig zur Abstimmung kommt, waren Kulturpolitiker aller Fraktionen in Israel. Während des Besuchs feuerte die Hamas vom Gaza-Streifen zwei Raketen in Richtung Tel Aviv - zum ersten Mal seit 2014.

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Der sanierte Gasteig nach der Vorstellung von Henn Architekten: Die Visualisierung gibt allerdings den Stand vom Mai wieder. Für die Schlussrunde des Wettbewerbs wurde der Entwurf modifiziert.

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Es scheint an der Zeit, sich an den Gasteig zu gewöhnen - die SPD will, dass er äußerlich so bleibt, wie er ist.

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Richard Quaas wurde 1952 in Friedrichshafen geboren, der gelernte Verlagsbuchhändler lebt seit 1955 in München und ist seit 1996 Mitglied des Stadtrats.

AZ: Herr Quaas, wie geht es einem, wenn man mit Raketen beschossen wird?
RICHARD QUAAS: Ich war mit meinem Fraktionskollegen Marian Offman und seinen Verwandten beim Essen. Plötzlich starrten alle Israelis auf ihre Handys und sagten, es gäbe gerade einen Raketenangriff auf Tel Aviv. Da geht einem schon alles Mögliche durch den Kopf. Dann hörten wir einen großen Knall - vermutlich vom Abschuss einer dieser Raketen oder dem Versuch sie abzuschießen. Natürlich gab es auch Sirenengeheul. Aber weil die anders als bei uns klingen, habe ich nicht an eine Luftschutzsirene gedacht.

Wie reagieren die Leute?
Cool. Die vertrauen der Abwehr und sagen, dass man eh nichts machen kann. Erst hinterher wird einem bewusst, dass die Stadt nur 60 Kilometer von Gaza entfernt ist. Aber Tel Aviv bleibt auch in einer solchen Situation heiter. Gottseidank ist ja auch nichts passiert.

"Die CSU hält an der Generalsanierung fest"

Warum war der Kulturausschuss des Stadtrats in Israel?
Wir wollten uns Gedenkorte anschauen. Yad Vashem war Mittelpunkt der Reise. Erstaunlichweise hat nie zuvor eine Stadtratsdelegation aus München die Holocaust-Gedenkstätte besucht. Der Kulturreferent Hans-Georg Küppers hat im Namen von uns allen einen Kranz niedergelegt. Später waren wir auch bei der Gedenkstätte für die Toten des Münchner Olympia-Anschlags von 1972, die uns etwas in die Jahre gekommen scheint. Außerdem haben wir mit israelischen Künstlern gesprochen, die sich für München interessieren.

Auf Facebook-Fotos sieht man Stadträte aller Fraktionen in Israel einträchtig beim Essen. Da wurde sicher auch über die bestehenden Meinungsverschiedenheiten beim Gasteig gesprochen. Hält die CSU an der Generalsanierung fest?
Ja. Aus unserer Sicht geht es nicht, die Sanierung zu Lasten der Stadtbibliothek, der Volks- und und Musikhochschule abzuspecken. Wir denken, dass es am Mittwoch eine Mehrheit für diese Sanierung jenseits der SPD geben wird. Die SPD will auch auf den Umbau des Carl-Orff-Saals zu einer multifunktionalen Spielstätte verzichten. Ich halte den Umbau dieses Saals für unabdingbar. Das ist für mich so wichtig wie eine akustische Verbesserung der Philharmonie. Der gegenwärtige Zuschnitt ist nicht ideal, und die Stadt braucht einen Raum für Festivals wie Dance, Spielart und die Musiktheaterbiennale. Auch die Black Box muss technisch und akustisch auf den Stand von heute gebracht werden.

Wie begeistert ist eigentlich der Kulturreferent vom Antrag seiner Parteifreunde von der SPD?
Hans-Georg Küppers steht eisenfest zur Generalsanierung, auch gegen seine Fraktion. Sein designierter Nachfolger Anton Biebl sieht das genauso. Er hält es für einen Treppenwitz, die Sanierung jetzt zu einem Torso abzuspecken. Die SPD hat offenbar Probleme, die Sanierung ihren Wählern draußen in den Stadtteilen zu erklären.

"Manchen ist der Umbau des Sechzgerstadions wichtiger"

Sie auch?
Unsere Klientel sagt eher: "Endlich passiert was!". Da sind die Berührungsängste mit der sogenannten Hochkultur. Natürlich begegne ich auch manchmal Leuten, denen ein Umbau des Sechzigerstadion wichtiger wäre.

Was antworten Sie dann?
Angesichts des Konzertsaal-Neubaus des Freistaats im Werksviertel ist es wichtig, dass der städtische Gasteig als Veranstaltungsort wirtschaftlich konkurrenzfähig bleibt. Man hört von vielen Künstlern, wie schwierig die Philharmonie und die anderen Säle sind. Außerdem ist die ganze Infrastruktur hinter den Bühnen in die Jahre gekommen. Auch die Anlieferung - etwa bei Orchestergastspielen ist problematisch. Das hat nichts mit Luxus zu tun. Diese Mängel bekommt der Besucher nicht mit. Sie müssen aber beseitigt werden, wenn man bestimmte Künstler weiter hierher bekommen will.

Wird es einen eigenen Antrag geben oder unterstützt die CSU am Mittwoch die Grünen?
Wir werden uns letztendlich den Grünen anschließen, weil wir nichts an der bestehenden Beschlusslage ändern wollen.

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