Bayern

Dragqueen-Lesung: OB Dieter Reiter will kein Verbot

Heute Friedensgipfel mit dem CSD - CSU darf nicht mit eigenen Wagen auf die Parade


OB Dieter Reiter mit Dragqueen und Rosa-Liste Stadtrat Thomas Niederbühl beim CSD 2017.

OB Dieter Reiter mit Dragqueen und Rosa-Liste Stadtrat Thomas Niederbühl beim CSD 2017.

Von Felix Müller, Ruth Frömmer

München - Mitlaufen geht, mitfahren nicht: Einen eigenen Paradewagen auf dem CSD wird der CSU auch heuer verwehrt. Entsprechende AZ-Informationen bestätigte der CSD am Montagnachmittag. "Voraussetzung für eine Teilnahme ist der Einsatz für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz aller queerer Menschen", hieß es von den fünf CSD-Vereinen. Durch die jüngsten Forderungen von Teilen "nicht nur" der Münchner CSU scheine das "wenig glaubhaft".

Damit nimmt der CSD direkt Bezug auf die Kritik von CSU-Stadtrat Hans Theiss und OB Dieter Reiter (SPD) an der geplanten Lesung von Kinderbüchern durch eine Dragqueen für Kinder ab vier Jahren in der Bogenhauser Stadtbibliothek (AZ berichtete mehrmals). Für die Lesung war ein Künstler unter den Namen angekündigt worden, unter dem er auch vor Erwachsenen auftritt: Eric Big Clit (Eric Große Klitoris). Die Stadtbibliothek hatte erklärt, dass nie eine Travestieshow vor Kindern geplant gewesen sei, sondern es sich um eine kindgerechte Lesung handele.

Reiter selbst ist nach offenbar teils heftiger Kritik aus der Szene inzwischen um Schadensbegrenzung bemüht. Nach AZ-Informationen trifft er sich schon an diesem Dienstag mit Vertretern des CSD. Deren Parade will er auch in diesem Jahr anführen - und das wird er wohl auch. Unterdessen hat der OB am Montag klar und deutlich erklärt, sich nicht für ein Verbot der Lesung einzusetzen. "Ich finde diese Forderung reichlich überzogen", sagte er der AZ. "Die Teilnahme an der Veranstaltung ist freiwillig und Eltern können selbst entscheiden, ob sie mit ihren Kindern hingehen möchten oder nicht." Reiter sagte wörtlich, er habe "kein Problem mit Dragqueens" und stehe "auch weiterhin stabil an der Seite der gesamten queeren Szene".

In der CSU wiederum wurde am Montag hinter verschlossenen Türen über die Aussagen von Hans Theiss diskutiert. Dem Vernehmen nach ist nicht die ganze Stadtratsfraktion ganz auf seiner Linie, dass es sich bei der Veranstaltung um die Frühsexualisierung kleiner Kinder handele, die in einer städtischen Einrichtung unsäglich sei.

Zum unmittelbar bevorstehenden "Nein" vom CSD sagte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl am Nachmittag auf Nachfrage der AZ: "Sollte es aufgrund einer Debatte um Drag-Lesungen eine Absage für unseren Wagen geben, kann ich nur sagen: Toleranz ist keine Einbahnstraße." Wer Vielfalte feiere, müsse auch "vielfältige Meinungen akzeptieren."